Franziska Gude – vorbildliche Kämpferin und Kapitänin

Ärger ums Markenzeichen und ein ausgeschlagenes Stipendium

Abschied vom Alltag: Franziska Gude

Franziska Gude hat ein Problem. Das Kopftuch, ihr Markenzeichen, das in der Vergangenheit bei großen Turnieren immer als Glücksbringer fungierte, ist vom Welt-Hockeyverband in den Regularien erfasst worden. Jetzt gibt es die Regel, dass das Kopftuch die gleiche Farbe wie das Trikot haben muss. Da Deutschland je nach Gegner in rotem oder schwarzem Kleid antritt, müsste „Franzi“ eigentlich auch das Kopftuch wechseln. „Wahrscheinlich sind es wieder nur wir Deutschen, die sich an diese Regeln halten. So ist das Kopftuch auf jeden Fall kein Glücksbringer mehr“, ärgert sich die 26-Jährige.

Dabei steht in Perth ihr 100. Länderspiel auf dem Programm. Wenn alles optimal läuft, könnte das das Halbfinale sein. „Wäre toll, denn Jubiläumsspiele verliert man ja bekanntlich nicht.“ In Sydney bei Olympia hatte sie ihr 50. absolviert – gegen die Niederlande im letzten Gruppenspiel. Damals gab es zwar keine Niederlage, aber das Remis reichte auch nicht zum Einzug in die Endrunde.

Die vielleicht kompletteste deutsche Abwehrspielerin hat vor der WM in Perth Zeichen gesetzt. Sie schloss im September ihr Studium an der Sporthochschule Köln mit der Note 1,6 als Diplom-Sportlehrerin ab. Das Thema ihrer Diplomarbeit spiegelt das Engagement wieder, das Franzi für ihren Sport einbringt: „Analyse der Konzeption (hockeyspezifisches und psychologisches Training) zur Leistungssteigerung der Damen-Hockeynationalmannschaft nach den Olympischen Spielen 2000“.

Während sie ihr Spanischstudium für die WM auf Eis gelegt hat, hat sie sich für das Examen in den Fächern Englisch und Erziehungswissenschaften im Frühjahr 2003 angemeldet. „Die WM ist die beste Vorbereitung für das Examen. Ich werde es genießen, englischsprachiges Fernsehen zu verfolgen und Zeitungen zu lesen.“ Ihre Spanischkenntnisse hatte die Wahl-Kölnerin, die seit sechs Jahren für Rot-Weiss Köln in der Bundesliga spielt, bereits im Oktober bei der Südamerika-Reise der Nationalmannschaft unter Beweis gestellt. Dort hat sie als neue Kapitänin des Teams auch schon mal zur Verblüffung und Begeisterung der Gastgeber auf Empfängen Dankesreden gehalten.

Mannschaftsführerin zu sein, bedeutet jedoch nicht nur Ehre und ein gewisses Ansehen, die Franziska Gude gern genießt, es sind auch etliche Aufgaben und Ansprüche damit verbunden. „Die Trainer und unsere Teammanagerin beziehen mich viel ein. Es gilt auch ständig ein Ohr dafür zu haben, ob es irgendwo Probleme oder Missstimmung gibt. Das ist schon eine ganze Menge Stress.“ Kein Problem hat die vorbildliche Kämpferin dabei mit den älteren, erfahreneren Mitspielerinnen.

Nadine Ernsting-Krienke oder Melanie Cremer etwa haben mehr als doppelt so häufig das Nationaltrikot getragen. „Von denen bekomme ich eigentlich nur positive Rückmeldungen. Sie akzeptieren mich in dieser Funktion“, sagt die gebürtige Göttingerin, die auch in der Kindheit schon als Schulsprecherin gern Verantwortung übernommen hat. „Wenn etwas in die Hose geht, habe ich lieber tatkräftig mitgeholfen es zu verbocken, als still zugeschaut zu haben.“

Auf dem Platz gibt es ein paar Spielerinnen, die den Ton angeben. „Klar kann ich von hinten steuern, aber es ist gut das mehrere etwas dazu beitragen.“ Dennoch achtet die Kapitänin darauf, dass die Aussagen nicht ins Negative abdriften. Wichtig für Franziska Gudes Sportverständnis ist, dass Spiele nicht mit dem Schlusspfiff aufhören. „Die gemeinsame Entspannung nach dem Match, den Gegner kennen zu lernen, seine Art verstehen zu lernen, das macht viel aus.“

Über den Tellerrand hat Franzi schon mit 16 Jahren geschaut. Da ging sie ein Jahr im US-Bundesstaat Maryland in der Nähe von Baltimore zur Schule, spielte dort Fußball und Basketball in der Schulmannschaft. Ihr Sporttalent brachte ihr sogar ein Stipendiumsangebot. Als Lacrosse-Spielerin hatte sie den Scouts so gut gefallen, dass sie die kleine, drahtige Deutsche gern in den Staaten behalten hätten. Wenn sie die Wahl hätte, würde sie aber eher in Spanien oder Südamerika leben. Nach Olympia 2000 machte sie bereits einen viermonatigen Sprachkurs in Santander.

Ihr Sporttalent öffnet Franzi da so manche Türen. Als sie als Kind nach der ersten Ballettstunde Mutter Erika (übrigens auch Lehrerin von Beruf) stolz verkündet hatte, dass sie viel schneller als alle anderen gewesen sei, stand fest dass es ein dynamischer Sport, möglichst mit Ball, sein musste. Auf einem Göttinger Altstadtfest kam sie beim Torwandschießen schließlich auf den Hockey-Geschmack. Dennoch gehörten auch Turnen und Schwimmen zum Repertoire der jungen Franzi. Und beim Fechten brachte sie es bis zur Teilnahme an den deutschen Degenmeisterschaften.

Doch der Mannschafssport Hockey war am Ende attraktiver. Im Abiturjahr wechselte Franzi zum DHC nach Hannover und stieg mit dessen Damen in die Bundesliga auf. Da stand das Sportstudium in Köln allerdings schon fest. Nach Testtrainings in vielen Clubs, blieb sie schließlich bei Rot-Weiss hängen. „Weil die super nett waren und der damalige Trainer es ganz geschickt verstanden hat, mich zu überzeugen.“ Zum Göttinger HC, ihrem Heimat-Club, hat Franzi auch heute noch gute Verbindungen, spendete beispielsweise im letzten Jahr ihren Preis für die Wahl zu Deutschlands Hockeyspielerin des Jahres 2000 – einen Ausrüstungsgutschein – der Jugendabteilung des HCG.

Wer jetzt denkt, außer Sport gibt es im Leben von Franzi Gude nichts, der irrt. Seit einem Jahr ist die Nationalspielerin mit Roland Löwe zusammen, den es aus München zum Studium an der European Business School in die Domstadt zog. Allerdings lebt sie mit dem zwei Jahre jüngeren RWK-Torhüter, der schon zum erweiterten Kader von Herren-Bundestrainer Bernhard Peters gehörte, nicht zusammen. Derzeit teilt die WG-erfahrene Wahl-Kölnerin eine Wohngemeinschaft mit einem Sportstudenten und einem Fahrrad-Mechaniker. Für äußerst nützlich hält sie WGs vor allem auch, um ihrer Spiel-Leidenschaft von Mensch-ärgere-Dich-nicht über Doppelkopf bis zum aktuellen Lieblingsspiel Carcassone nachzugehen.

 

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