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Frauenpower aus Mexiko

Über Edith Ramirez - Trainerin der mexikanischen Hockeyherren 

Edith Ramirez Arellano ist seit Januar Trainerin der mexikanischen Hockeyherren. Foto: Geiger

Es ist ja schon nicht einfach, sich als Frau in der männlichen Hockeytrainerriege zu behaupten. Trainerin einer Herrenmannschaft auf Clubniveau zu werden, ist eher die Ausnahme, die Verantwortung für die männliche Nationalmannschaft in die Hände einer Frau zu legen, gleicht da schon einer Sensation. Wenn man dann noch bedenkt, dass es Länder gibt, deren Mentalität im Gegensatz zu den gleichstellungsgesinnten Nationen Mitteleuropas noch stark vom männlichen Machismus geprägt ist, dann reibt man sich erst recht verwundert die Augen: Mit Edith Ramirez Arellano hat seit Januar dieses Jahres eine Frau den Posten der mexikanischen Nationaltrainerin inne und damit die schwere Aufgabe, ihr nachgerücktes Team beim olympischen Qualifier in Santiago auf gut vorbereitete Mannschaften einzustellen.

Doch Edith Ramirez nimmt diese Herausforderung mit Freude und großer Fachkompetenz an: Sie selbst war eine äußerst erfolgreiche Spielerin in ihrer Heimatprovinz Sonora, die im Norden Mexikos an der Grenze zu Arizona liegt, sowie in der Nationalmannschaft, und coacht seit inzwischen 14 Jahren Hockeymannschaften, überwiegend männliche, wie sie betont. „Ich hatte über Jahre die besten Ergebnisse mit meiner Mannschaft in den nationalen Meisterschaften erzielt, deshalb mussten sie mich einfach auf den Posten des Nationaltrainers berufen“, erklärt Ramirez. Und genauso selbstbewusst verneint sie auch die Nachfrage, ob es denn gar keine Autoritätsprobleme mit ihren Hockeymännern gebe. „Wir respektieren uns gegenseitig, und sie haben verstanden, dass sie ihre Machoallüren zu Hause lassen müssen. Die haben auf dem Hockeyplatz nichts zu suchen.“

Gemeinsam mit ihrer Assistentin Silvia Solis Alvarado, niemand geringer als die ehemalige Trainerin der mexikanischen Hockeyfrauen, musste Ramirez innerhalb von wenigen Monaten eine Mannschaft für den Qualilfier formen. Nach dem Rückzug Ägyptens hatten sie erst im November von ihrer Nachnominierung erfahren. „Das ist auch der Grund dafür, dass wir vier Juniorenspieler ohne jegliche internationale Erfahrung mit nach Santiago genommen haben. Und der Grund für unsere taktischen Defizite.“ Auch Spieler mit Auslandserfahrung wie Pol Moreno, der wie Leopoldo Rios Benitez in Deutschland für den Dürkheimer HC spielt, seien erst Mitte Februar in Mexiko zur Mannschaft gestoßen.

Nach der herben Niederlage gegen England sei sie daher aber sehr zufrieden mit der Leistung ihres Teams gegen Chile, gegen die sie in der ersten Halbzeit nur knapp mit 0:1 zurück lagen. „Wären in der zweiten Hälfte nicht zwei unserer wichtigsten Eckenverteidiger vom Platz gestellt worden, hätten wir statt mit vier durchaus mit nur zwei Toren verlieren können. Und das ist ein Unterschied!“ Auch beim nächsten Spiel gegen Indien gehe es ihr mehr darum, mit Würde zu spielen, als zu gewinnen.

So bescheiden und zurückhaltend Ramirez auf den ersten Eindruck wirkt, so ahnt man doch die Power und das Durchsetzungsvermögen, die in der kleinen schmächtigen Person stecken. Neben ihrer Zwillingsschwester, die anfangs mit ihr zusammen Hockey spielte, dann aber aufhörte, wuchs sie inmitten von 8 Geschwisterkindern auf, unter denen auch einige andere sportlich erfolgreich waren. Dass sie ihr Leben dem Hockey gewidmet und mit ihrer selbstbewussten Art wohl manch mexikanischen Mann eingeschüchtert hat, hinderten sie bislang daran, selbst eine Familie zu gründen. Doch Ramirez sieht das anders: „Wozu brauche ich denn eigenen Nachwuchs, wenn ich 150 Hockeykinder habe?“

 
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