hockey.de Kolumne:


Charlotte on tour

Reise um den Hockeyglobus

"Charlotte on tour" - die Kolumnistin stellt sich vor

Charlotte Geiger berichtet in den nächsten vier Monaten von vier Olympia-Qualifikationsturnieren rund um den Globus.

Charlotte Geiger wird als Kolumnistin in den nächsten Monaten von einer Hockey-Weltreise berichten. Die 26-jährige Wuppertalerin, die 2006 als ehrenamtliche Helferin in der WM-Pressestelle in Mönchengladbach arbeitete, bereist, nach einjährigem Stipendiat beim Kultursender „Arte“ in Frankreich die großen Turniere des Welthockeys. Den Anfang machte bereits die Champions Trophy der Herren Anfang Dezember in Kuala Lumpur. Für hockey.de wird sie nun in dieser Kolumne regelmäßig live von den Orten des Geschehens aus ihrer persönlichen Sicht berichten. Sie startet mit dem Olympia-Qualifier der Herren in Auckland, wo sie vor drei Wochen eintraf. Chile, Japan (das Turnier mit den DHB-Herren) und letztlich auch das Olympia-Qualifikationsturnier der Damen in Kanada sind die weiteren Stationen. Mit diesem Artikel stellt sie sich selbst den Hockey.de-Usern vor.

„Eine ganz normale Hockeybiografie? Nicht anders als im „wahren“ Leben stellt wohl auch im Hockeyleben bereits die Geburt entscheidende Weichen: In einem Hockey-Erste-Welt-Land wie Holland das Licht der Welt zu erblicken oder aus einer wahren Hockeyfamiliendynastie zu stammen, eröffnet große Erfolgsperspektiven. Talent und Fleiß entscheiden in den folgenden Jahren, welche Position man in der Hockeygesellschaft einnimmt – spielerisch erfährt man bereits in der Jugend, dass Konkurrenz oft hart ist, aber letztlich auch belebend. Verlässt man dann das traute Vereinshaus, muss man auf sich allein gestellt sich anderswo beweisen – und nicht nur einmal. Mobilität und Flexibilität sind gefragt, die Hockeybiographie beginnt sich zu zerstückeln. Und vielleicht kommt dann irgendwann der Moment, an dem man einmal im Hockeyleben etwas wirklich Verrücktes machen will: zum Beispiel eine Hockeyweltreise!
 Meine eigene Hockeyinitiation stand unter einem guten Stern: Ich konnte zwar weder einen Hockeyspielenden Vorfahren vorweisen noch war ich in einer Hockeyhochburg beheimatet, doch mit einem sportlichen Gen ausgestattet fand ich nach eher langweiligen Erlebnissen beim Ballett, Schwimmen und Turnen schließlich zum Hockey – und war begeistert. Bei der ETG Wuppertal spielte ich mich von den Mädchen C hoch bis zu den ersten Damen. Ohne den Rückhalt von meiner engagierten Trainerin Frau Roth hätte ich nach WHV-Lehrgängen, in denen ich von psychologisch wenig geschulten Trainern demotiviert wurde, fast den Hockeyschläger an die Wand gehängt.
 In der elften Klasse erlebte ich während eines sechsmonatigen Aufenthaltes in Paris, was es heißt, im Ausland zur Schule zu gehen und beim CASG Paris Hockey zu spielen. Sprachliche Barrieren galt es zu überwinden – es dauerte lange, bis ich kapierte, was „crosse à terre“ bedeutet: „Schläger runter“. Und ich lernte auch, dass in französischen Hockeyvereinen manchmal mehr im Exil lebende Holländer oder Engländer als Einheimische spielen, die dann auch für die richtige Hockeystimmung sorgen. So tanzte ich auch einige Male in der holländischen Oase und Bar „Le Port d’Amsterdam“ im Zentrum von Paris auf den dafür vorgesehenen Tischen.
 Mit dem Studium kam dann die Zeit des Unisports: In Freiburg versammelten sich talentierte Hockeyspieler aus der ganzen Republik, um festzustellen, dass es Regionen in Deutschland gibt, wo sich der nächst gelegene gute Hockeyverein im schweizerischen Ausland befindet. Das Training bestand in der Freiburger wie auch später in der Bamberger studentischen Spaßgemeinschaft nur aus Spielen und dem Leeren der obligatorischen Bierkästen im Anschluss – damit war man dann auch für die Hochschulmeisterschaften gewappnet. Gutes Training und Hockeyleidenschaft fand ich dann erst wieder beim HC Schweinfurt, dazu eine tolle Mannschaft, die mich herzlich aufnahm, und einen sehr guten Trainer, Stefan Kauppert. Die 60 Kilometer hin und zurück von Bamberg nach Schweinfurt, die ich zwei bis drei Mal die Woche zurückgelegte, waren es allemal wert. Unvergessen bleibt für mich der Aufstieg in die Regionalliga, der nach ein paar Anläufen endlich klappte.
 Nach dem Studium verschlug mich ein Stipendium beim deutsch-französischen Fernsehsender ARTE wieder nach Frankreich. In Straßburg erlebte ich, wie sich auch in einer Hockeyeinöde ein kleiner gallischer Verein gegen Fußball- und Rugbyübermächte tapfer und mit viel Humor behaupten kann. Da die nächsten französischen Hockeyvereine ein paar hundert Kilometer weit entfernt liegen, spielen die Herren des JSK Strasbourg in der deutschen Verbandsliga mit – aufgrund unserer immensen körperlichen Vorteile (!) durften wir drei weiblichen Straßburger Hockeyspielerinnen unser Team leider nicht bei den Meisterschaftsspielen unterstützen. Doch auch beim Training oder bei Turnieren wie dem „Tournoi des vendanges“, das zu Ehren der Weinlese der edlen elsässischen Trauben jährlich vom JSK veranstaltet wird, lernte ich mich in einer Männermannschaft zu behaupten und viele Hockeyfreunde kennen.
 Nicht nur in Straßburg, wo viele Nationalitäten in einer Mannschaft spielen, habe ich bei meiner Reise durch die Hockeymannschaften gespürt, wie sehr dieser Sport die verschiedensten Menschen verbindet und wie leicht man durch Hockey – vielleicht gerade weil es kein so großer, kommerzieller Sport ist – überall Freunde und eine Heimat findet. Bei der Weltmeisterschaft in Mönchengladbach letztes Jahr, wo ich als Volunteer in der Presseabteilung arbeitete, hatte ich dann die Möglichkeit, hinter die Kulissen des internationalen Hockeysports zu blicken. Meine Leidenschaft für Hockey, für das Reisen und journalistische Schreiben zusammen mit einer großen Portion Abenteuerlust brachten mich dann auf die Idee, mehrere Monate auf den Spuren der internationalen Hockeyturniere um die Welt zu reisen und von ihnen zu berichten. Angefangen bei der Champions Trophy Anfang Dezember in Malaysia werde ich nun also die Qualifikationsturniere für die Olympischen Spiele in Peking 2008 bereisen: So geht es von Neuseeland nach Chile und Japan für die Herrenqualifikationen und zum letzten Turnier der Damen nach Kanada. Von allen Veranstaltungen werde ich meine Eindrücke in einer Kolumne und Berichte für hockey.de schreiben. Und damit dreht sich zum ersten Mal in meinem Leben der Spieß um: Nicht mein Leben bestimmt, wo ich Hockey spiele, sondern Hockey bestimmt, wo ich im nächsten Monat leben werde.“

Charlotte Geiger
geb. 1981 in Wuppertal

 
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