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Britischer Jubel am Ende des Finales in Chile. Foto: Geiger

 

Great Britain rocks!

Über ein Finale, das kein wirkliches war

Den erbitterten und spannenden Kampf zwischen Neuseeland und Argentinien beim letzten Qualifier vor Augen erwartete ich natürlich auch in Santiago ein fulminantes Finale. Dafür sprachen nicht nur die souveränen Siege der britischen und indischen Mannschaft während der ersten fünf Turniertage, sondern auch ihre so unterschiedliche Spielweise, die technisch versierten Einzelspieler aus Indien gegen die taktisch bestens eingestellte Mannschaft aus Großbritannien. Doch was sich den rund 2.500 Zuschauern im Prince of Wales Country Club beim großen Duell am letzten Turniertag in Santiago bot, war weder ein Finale noch ein Kampf.

Gleich in den ersten zehn Minuten trafen die Briten zweimal, hatten in den folgenden 60 Minuten zwar auch noch weitere hochkarätige Chancen, die sie nicht nutzten, doch gefährdet war ihr Sieg keine einzige Sekunde. Mit ihrem immensen Laufpensum, ihrem taktischen System, das immer wieder freie Räume im Mittelfeld schuf, und einer Viererverteidigung, die den Indern nicht den Hauch einer Chance ließ, aus dem Spiel heraus zu guten Torchancen zu kommen, waren sie einfach unantastbar. Hinzu kam noch ein „individuell perfektes Spiel“, wie es Jason Lee im Nachhinein benannte, das sich durch extreme Passgenauigkeit und -härte auszeichnete. „Also, ich habe es genossen“, so der britische Coach.

Sein Pendant auf indischer Seite, Joaquim Carvalho, resümierte dagegen, dass es die Fehler seines Teams gewesen seien, die zu der sensationellen indischen Niederlage führten, sie nur 50 Prozent ihres Leistungsvermögen haben abrufen können und sich durch ein Eckentor seines Teams schon der ganze Spielverlauf hätte wenden können. Die indischen Schwächen hin oder her, bei diesem einseitigen Finale in Santiago waren die Stärken der Briten für das Ergebnis ausschlaggebend, oder zumindest indische Versäumnisse, die nicht nur dieses Finale betreffen. Warum beispielsweise ließ sich in Santiago nirgendwo der neue technische Berater Indiens, Ric Charlesworth, erblicken? Warum hatte man selbst in der letzten Spielminute des „Finales“ überhaupt gar nicht den Eindruck, dass die Inder kämpfen würden?

Stattdessen legten die Inder auf dem Spielfeld bereits den gesamten Turnierverlauf hindurch eine Nonchalance an den Tag, durch Körpersprache und Gebaren, die sich sogar im Verhalten ihrer Fans spiegelte: Während des Finales standen rund 200 Inder im Stadion verteilt aufrecht an ihrem Sitzplätzen, sodass die hinter ihnen platzierten Zuschauer nichts mehr vom Spiel sehen konnten. Und auch nach mehrmaligem freundlichen Bitten, sich doch zu setzen, beharrten die indischen Fans auf ihren egoistischen Zuschauerposen. Als Teamplayer zeichnen sich die indischen Hockeyspieler nun ja auch nicht gerade aus...

Für Indien ist zu hoffen, dass sie aus dieser Niederlage lernen. Großbritannien dagegen muss gratuliert werden zu einer beeindruckenden Leistung im Finalspiel, die ihre dreieinhalb Jahre lange Arbeit, ihren guten Mannschaftsgeist und einen starken individuellen Willen belohnt. Jason Lee kann noch dazu zu der Geburt seines Kindes beglückwünscht werden, weshalb er während des Turniers für zwei Tage zurück in die Heimat geflogen war. Jason freut sich nun erst mal auf sein Bett, die britischen Jungs dagegen auf eine Feier der besonderen Art: Heute Abend findet in Santiago nämlich ein Konzert von Iron Maiden statt.

Charlotte Geiger

 
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