Spielerportrait: Florian Kunz

Nicht Hinz, sondern Kunz

Der Mannschaftskapitän der DHB-Herren 2001 ganz weit oben: Florian "Flocke" Kunz!

Text: Dieter Schuermann



Wir hatten dieses Gespräch schon länger für den Rückflug von Kuala Lumpur nach Deutschland vereinbart. Ich traf ihn ganz oben. In jeder Beziehung. Das A-Team, seine Mannschaft, hatte nur eine Stunde zuvor ganz oben auf dem Treppchen des Nationalen Hockeystadions Bukit Jalil bei der Siegerehrung des 11. Sultan-Azlan-Shah-Cups gestanden und er, Florian Kunz, hatte zum 2. Mal als Mannschaftskapitän einen großen Pokal für seine Mannschaft in Empfang nehmen dürfen. Und es gab noch ein persönliches Sahnehäubchen für ihn persönlich obendrauf: er wurde zum besten Spieler des Turniers gekürt. Das als Abwehrspieler, dazu in Asien, wo die filigrane Angriffstechnik höher im Kurs steht als spielstrategische Effizienz.. Hals über Kopf war die Mannschaft von der Siegerehrung in den Bus gestürzt (nein, nein, geduscht haben sie schon noch in Rekordzeit) und hatte gerade soeben noch den Flieger nach Hause erreicht (Siegerehrung 21.30 Uhr, Fahrtzeit per Bus eine gute Stunde, Abflug 23.30 Uhr und davor Einchecken mit 63 Stück Gepäck, das Team ist überall ganz schnell und ganz vorn). Und nun war "Flocke" erneut obenauf. Der für ihn vorgesehene Platz im Jumbo (Economy, auch für 2m-Männer) war besetzt, und nun musste er "notgedrungen" schon wieder "aufs Treppchen": in den 1. Stock: 11 Stunden Heimflug, ganz entspannt in der Business-Class. Das war heute sein Tag - und der seiner Mannschaft.

Nun im 17. Spiel in Folge siegreich und das gegen die vollständige Weltelite. Wer gesehen hat, wie Florian dieses Turnier bestritten hat, der wird der Wertung der Journalisten durchaus zustimmen. Anders als in der Vergangenheit spielt er nicht einen statischen Libero, sondern ist, zusammen mit seinem Innenverteidiger-Kollegen "Hupe" Crone, wesentlich am Spielaufbau beteiligt. Das sehr laufintensive deutsche Mittelfeld- und Angriffsspiel reißt dann die Lücken auf, durch die er seine harten Schläge zielgenau schlagen kann. Oft von der eigenen Viertellinie zum eigenen Mann am gegnerischen Schusskreis. Oder ein weiträumiger Schlenzer, longline oder diagonal, fast über den gesamten Platz. Mitunter durchaus risikoreich, aber das ist sein Spiel, vom Peters-Vorgänger Lissek strikt untersagt. In Kuala Lumpur ging es immer gut, wenn auch mancher Pass so gerade "through the hole of a needle" passte, wie meine englischen Nachbarn auf der Tribüne bewundernd quittierten.

Die neue spielerische Qualität ist ein Aspekt der Spielerpersönlichkeit Kunz. Die zweite ist die Rolle des Mannschaftsführers. Nicht Hinz, sondern Kunz. Integrationsfigur für die Jüngeren, guter Geist, Motivator, konstruktiv-kritischer Widerpart auch im Dialog mit dem Trainer. Leadership im besten Sinne. Etwas Besseres kann sich ein Trainer nicht wünschen, als wenn sich die Mannschaft aus sich selbst formt. Die Erfahrenen ihr Wissen ohne Arroganz an die Jüngeren weiter geben. Jeder Neuling oder Wiedereinsteiger mit offenen Armen im Team aufgenommen wird. Ein geborener Mannschaftsführer. Natürlich war er es von Anfang an, ist es in Gladbach und war es bei den DHB-Junioren, mit denen er 1993 auch unter Peters als Kapitän Weltmeister wurde. Dabei hatte seine DHB-Karriere erst 1990 in der Jugend A begonnen. Erst mit 17 wurde er erstmals von Dr. Alf zum WHV-Lehrgang eingeladen, dort sah ihn Bernhard Peters beim Franz-Schmitz-Pokal (zu dieser Zeit noch ein U18-Wettbewerb) und versprach ihm schon damals, "aus dir mache ich einen Weltklasseverteidiger". Er berief ihn in die A-Jugend-Nationalmannschaft. Sein erstes Länderspiel gegen die Holländer in Groningen, so fürchtete Kunz, könnte auch sein letztes werden. Er leistete sich einen katastrophalen Fehler. Aber Peters wusste, was er an ihm hat und hielt zu ihm. Er einer der Trainer, dem er viel verdankt. Peters, Markku Slawyk, bei dem er als 5-Jähriger beim RHTC Leverkusen angefangen hat und Dieter Ledwig ("seinetwegen habe ich auch zweimal mit Hockey aufgehört"; gleichwohl spricht er anerkennend über dessen Leverkusener Jugendarbeit, dessen sportliche Ausbildung, aber auch die Sorge um die persönliche Entwicklung seiner dortigen Schützlinge mit individueller Nachhilfe, etc) sind die Trainer, die ihn geprägt haben. Zweimal wurde er mit den Leverkusenern Deutscher Jugendmeister (viel weniger als sein älterer Bruder Mike, der 7x erfolgreich war). Er hasst es zu verlieren. Ob Freundschafts- oder Endspiel, ob Hockey oder Tennis oder auch ein Gesellschaftsspiel. "Ich kann auch bei Juxturnieren nicht verlieren. Früher habe ich nach verlorenen Spielen eine ganze Zeit gebraucht, bis ich nicht mehr stinkig war." Aber trotzdem hat er zwei eherne Grundsätze: Niemals absichtlich Foul spielen, niemals den Schiedsrichter beschimpfen.
Mit 21 ging er nach Gladbach und auch dort ist er der Kapitän. Seit sieben Jahren ist er mit Julia Klatt, einer Medizinstudentin, zusammen, die seit jeher bei den Gladbacher Damen spielt und natürlich die Mannschaftsführerin ist. Als einer der wenigen im Team steht er schon auf eigenen Füßen. Er hat sein Jurastudium nicht beendet, sondern ist in die Immobilienfirma seines Bruders eingetreten. Mit inzwischen sechs Angestellten betreiben sie ein Unternehmen für Immobilien-Entwicklung und als Immobilienmakler im Raum Leverkusen/Köln/Düsseldorf (wenn Sie dort ein Haus suchen, oder eines abzugeben haben...). Daneben betreiben die beiden Geschäftsleute Altbausanierung. Die Tätigkeit ist mit den zeitlichen Anforderungen des internationalen Spitzensports kaum zu vereinbaren. Wäre da nicht ein hockeybegeisterter Bruder und Geschäftspartner.

Das Unternehmen prosperiert. Immobilienhandel, nicht mit irgendwem: Kunz & Kunz ist die Marke für ganz oben, ob hockeyinternational mobil oder heimatverwurzelt immobil.

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