Spielerportrait: Tobias und Oliver Hentschel

Bundestrainer setzt auf Hockey-Brüder aus Berlin

Text: Doreen Mechsner (Berliner Morgenpost/06.08.2001)



Phlegmatisch und faul, sagt Mutter Steffi, sei Oliver gewesen. Bis er mit 14 Jahren festgestellt habe, dass ja nicht nur sein älterer Bruder Tobias, sondern auch er selbst ganz gut Hockey spielen könne. Inzwischen hat der Charlottenburger den Umgang mit dem Krummstock derartig perfektioniert, dass Bundestrainer Bernhard Peters ihn für den am Freitag beginnenden Sultan Azlan-Shah-Cup, den großen WM-Test am WM-Ort in Kuala Lumpur (Malaysia) berief. An der Seite seines großen Bruders Tobias will er dort die Feuerprobe für die im Februar an gleicher Stelle stattfindende Weltmeisterschaft bestehen.

Noch im Mai des Jahres war eine mögliche Teilnahme an der Weltmeisterschaft für den 19-Jährigen überhaupt kein Thema. Zwei Jahre lag sein erstes und einziges Herren-Länderspiel da bereits zurück. Erst mit dem Aufstieg des bisherigen Junioren-Trainers Bernhard Peters zum Chefcoach der Herren-Nationalmannschaft gelangte auch Oliver Hentschel wieder in den erweiterten Kreis des A-Kaders. Und überzeugte in seinen Länderspielen zwei bis sechs, als die Deutschen das erstklassig besetzte Panasonic-Masters in Hamburg gewannen. Als stets gefährlicher Stürmer mit spektakulären Aktionen ging Oliver Hentschel das vom Bundestrainer geforderte Powerhockey mit, als hätte er sein Lebtag nichts anderes getan.

Hockey spielt der Berliner tatsächlich schon so lange, wie er einen Schläger halten kann, und seit seinem achten Lebensjahr für den SC Charlottenburg. Mit dem Power allerdings haperte es lange. «Soll ich dir einen Stuhl bringen», erinnert sich Olli, habe ihm seine Trainerin in seiner Knabenzeit einmal zugerufen, weil er so gemächlich über den Platz spaziert sei. Oliver verneinte und verließ das Feld. Das sein Bruder Tobias gemäß seiner Natur weiter umpflügte. Olli, sagt Mutter Steffi Hentschel, fand das in Ordnung, dass Tobi ackerte. Sich diesem Stil anpassen, mochte er nicht. Sollte der Ältere sich die Lunge aus dem Hals rennen, wenn er das brauchte.

Mittlerweile rennen sie beide so lange, bis ihnen die Luft knapp wird. Immer im Dienst ihrer Mannschaft. Die erstmals seit dieser Saison nicht dieselbe ist. Im Frühjahr des Jahres verließ Tobias den gemeinsamen Heimatverein, den Zweitbundesligisten SC Charlottenburg, um sich mit dem Hamburger Club an der Alster einem Erstligisten anzuschließen. Gemeinsam agiert das Brüderpaar vorerst nur noch in der Nationalmannschaft.

Das tat lange Jahre auch ihre heute 53-jährige Mutter, die 1976 Weltmeisterschaftsgold in Berlin gewann. Nachdem sie bereits zwei Jahre zuvor, 1974 in Frankreich den dritten Platz belegt hatte. Damals galt Steffi Hentschel als weltbeste Linksaußen.

Auch Tobias und Oliver Hentschel setzte Bundestrainer Bernhard Peters in Hamburg bevorzugt auf dieser Position ein. Spekulationen, dass der eine Bruder somit als die Kopie des anderen herhalten sollte, weist der 21-jährige Tobias weit von sich: «Olli», sagt der Europameister von 1999, «kann ein bisschen mehr Vorhand-Rückhand. Ich bin technisch nicht so versiert, dafür ein Kämpfer». Bernhard Peters braucht beide Typen in seinem Team. Und die Chancen, im Februar erneut gemeinsam nach Malaysia zu reisen, denkt Oliver Hentschel, sind zweifelsohne da. Vorbei sind die Zeiten von Faulheit und Phlegma.

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A-Kaderspieler Tobias Hentschel


Juniorenspieler Oliver Hentschel mit A-Kader-Einsätzen



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