Nationalteams

"Australien mag das Turnier gewonnen haben, Deutschland die Herzen"

Interview mit Clemens Kroll, Kulturreferent der Deutschen Botschaft in Neu Delhi

 

24.03.2010 - Das deutsche Nationalteam ist schon seit zehn Tagen zurück aus Neu Delhi von der Weltmeisterschaft, die es mit der Silbermedaille abgeschlossen hat. Der Auftritt des jungen Teams hat in Indien aber nicht nur in Bezug auf die sportlichen Leistungen auf dem Platz nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Die Mannschaft hat sich auch neben dem Platz als erstklassiger Botschafter Deutschlands verkauft und die Herzen der indischen Hockeyfans erobert. Diese Einschätzung teilt auch Clemens Kroll, der Kulturreferent der Deutschen Botschaft in Neu Delhi, der das DHB-Team in den zwei Turnierwochen begleitete. Er zieht im hockey.de-Interview aus seiner Sicht eine sehr positive Bilanz der WM-Reise.

 

Die deutsche Mannschaft war sehr begeistert von der Unterstützung durch Ex-Pats und vor allem durch die Mitarbeiter und Angehörigen der Deutschen Botschaft. Wie sehr hat die Weltmeisterschaft Spuren hinterlassen und das „tägliche Geschäft“ der Botschaft in den Turniertagen beeinflusst?

Kroll: „In den Tagen vor der und während der Weltmeisterschaft hatte das Kulturreferat der Botschaft - meine Kollegin Clara Duske und ich - tatsächlich täglich intensiv mit Hockey zu tun - sei es durch Betreuung der Mannschaft, Organisation von Begleitveranstaltungen, Organisation von Tickets für die Spiele der deutschen Mannschaft (ganz wichtig - teilweise ähnelte das Referat schon einer Kartenvorverkaufsstelle) und - last not least - Besuch der Spiele. Alles Aufgaben, die uns sehr viel Spaß gemacht haben, auch weil an der ganzen Botschaft die Begeisterung für das Team von Anfang groß war. Mit fortschreitendem Turnier hat die Mannschaft dann eine immer größere Fangemeinde in der Botschaft und der deutschen Gemeinde gewonnen - die WM und die Spiele der Mannschaft wurden Tagesthema und den Kartennachfragen konnte kaum noch nachgekommen werden. „Spuren hinterlassen“ hat die Weltmeisterschaft, indem viele Botschaftskolleginnen und -kollegen und ihre Familien zu Hockey-Fans geworden sind.“

 

Das deutsche Team hat sich sehr über die Sympathien beim indischen Publikum gefreut. Wie ist die Mannschaft aus Ihrer Sicht in Neu Delhi wahrgenommen worden?

Kroll: „In den indischen Medien und im Stadion selbst ist das junge deutsche Team mit sehr viel Wohlwollen, teilweise mit Begeisterung begleitet worden. Nach dem Finale schrieb eine Tageszeitung: „Australien mag das Turnier gewonnen haben, Deutschland die Herzen.“ Als Besucher aller Spiele der deutschen Mannschaft war es großartig zu sehen, dass sich um die deutschen Fans sehr schnell indische Anhänger des deutschen Teams scharrten, die unsere Begeisterung (und die Deutschlandfahnen und -fähnchen) teilten. Nachdem feststand, dass Gastgeber Indien nicht am Finale teilnehmen würde, schien ein Großteil der indischen Zuschauer ins deutsche Lager überzuwechseln. So viel Sympathie für eine deutsche Mannschaft im Gastland mitzuerleben, ist auch für eine Botschaft ein ganz besonderes Erlebnis.“

 

Die Spieler selbst waren nach dem Finale noch Tage später sehr enttäuscht. Wie ist die Endspiel-Niederlage bei den Unterstützern in Ihrem Umfeld aufgenommen worden?

Kroll: „Als Fans waren wir direkt nach dem Finale natürlich auch enttäuscht, denn die Mannschaft hatte, insbesondere in der zweiten Halbzeit, gut gespielt und nach dem 1:1 schien alles möglich zu sein. Nach der ersten Enttäuschung hat sich aber sehr schnell große Anerkennung und Freude darüber durchgesetzt, wie weit diese junge deutsche Mannschaft gekommen ist, wie gut sie gespielt hat und welchen großartigen Eindruck sie beim indischen Publikum hinterlassen hat.“

 

Beim DHB denkt man nach den sehr positiven Erfahrungen in Neu Delhi daran, auch in Zukunft wieder nach Indien zu kommen, um zum Beispiel Testspiele zu absolvieren oder an Turnieren teilzunehmen. Unterstützen Sie diese Ideen?

Kroll: „Wir halten das für eine sehr schöne Idee, die wir gerne unterstützen werden. Das Team ist nach dem Turnier in Indien bekannt und beliebt, darauf kann man gut aufbauen. Den Spielern würde ich auch wünschen, dass sie bei einem weiteren Besuch dann etwas mehr von Indien zu sehen bekämen als WM-Stadion und WM-Hotel (leider ließ der Turnierplan diesmal nicht viel Platz für Ausflüge). Die gesamte Botschaft jedenfalls würde sich freuen, die Nationalmannschaft noch einmal in Indien zu erleben.“

 

Sie haben die Mannschaft persönlich über die gesamte Zeit intensiv begleitet. Wie sehr sind Sie selbst jetzt Hockey-Experte geworden? Und was nehmen Sie persönlich als Highlights mit aus der WM-Zeit?

Kroll: „Es wäre sicher vermessen, wenn ich behauptete, in zwei Wochen zum Hockey-Experten geworden zu sein. Fan dieses eleganten und athletischen Sports und vor allem unserer Nationalmannschaft wäre sicherlich die zutreffende Beschreibung. Als Highlights der WM nehme ich mit die tolle Stimmung unter den deutschen Fans, die sich auf die indischen Zuschauer übertrug, und die persönlichen Kontakte mit den Spielern, die mir alle sehr imponiert haben. Eine schöne Erinnerung bleibt auch der Empfang im Residenzgarten von Botschafter Matussek, bei dem die Mannschaft selbst sich als hervorragende Botschafter des Hockeysports und unseres Landes präsentierte und die Gäste - jung oder alt, indisch oder deutsch - im Sturm für sich gewann.“

Hier finden Sie eine Galerie mit Bildern vom "Champions Meet"-Empfang der Deutschen Botschaft in der ersten WM-Woche.

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2. Mai 2024
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