Nr. 83 - 12. Januar 2004

   

Hockeysportliches

Dieses ist ja eher die Stelle für das Rahmenprogramm, die letzte Seite sozusagen. Manche sagen, das Allerletzte. Um das sportliche Tun hier richtig einzuordnen, sind aber wohl einige Bemerkungen zur Einordnung dieses Turniers, der Leistungen unserer Gegner und auch der unserer „Junx“ für Sie von Interesse. Das können die Spielberichte nicht leisten. Für uns ist dieses Turnier eine ideale Vorbereitung auf die Olympischen Spiele. Wir haben hier noch einmal unter verschärften klimatischen Bedingungen einen Turnierwettbewerb mit 7 Spielen in 11 Tagen mit sechs Gegnern der Weltklasse und ihren unterschiedlichen Spielweisen. Genau so, wie es auch in Athen zu erwarten ist. Da gilt es, von Spiel zu Spiel zu denken und sich immer wieder auf eine neue Mannschaft und ihr Spielsystem vorzubereiten. Bernhard Peters bereitet das zusammen mit seinem Assistenten Uli Forstner meisterhaft vor. Sie verpassen keine Gelegenheit, alle Gegner bei ihren Spielen zu beobachten, und buchstäblich über Nacht schneiden sie dann aus dem Video-Material einen Extrakt zusammen, der den Spielern in ca. 45 Minuten Länge das Wichtigste über den Gegner, aber in erster Linie über das eigene Spiel mit seinen Stärken und Schwächen vermittelt (die bekannten „Beschimpfungen“, dieses Mal bisher sehr soft. Kein Wunder bei dem Turnierstart). Kein zweiter seiner internationalen Kollegen macht sich so viel Mühe wie Peters. Von morgens früh bis abends spät sind Peters und Forstner ohne Unterlass im Einsatz. Andere Nationen haben dafür ein Riesen-Video-Team dabei, das alles für den „Chef“ vorbereitet.

Während Korea, Australien und Deutschland bereits für die Olympischen Spiele qualifiziert sind, stehen die anderen Teams in vollem Saft und Kraft, denn Anfang März beginnt für sie die Qualifikation in Madrid. Unterschiedliche Ausgangspositionen also. Besonders natürlich für die „Junx“, die direkt aus dem europäischen Winter und dazu aus der Hallensaison kommen. Aber ihre Fähigkeit, sich auf neue Gegebenheiten einzustellen und diese so zu nehmen, wie sie anfallen, ist sicherlich hoch entwickelt. Wer die Zentrallehrgänge in der Jugendherberge in Limburg absolviert hat, der nimmt alles, wie es kommt (womit überhaupt nichts gegen die liebenswürdige Versorgung dort durch Frau Hebbe gesagt sein soll). Aber man merkt schon, dass in vielen Passagen noch die Sicherheit fehlt. Gut angelegte Angriffszüge bleiben dann irgendwo stecken, weil die sonst sichere Ballkontrolle eben doch noch nicht gegeben ist. Dafür klappen andere Dinge schon vorzüglich. Hervorragend unsere beiden Torhüter, die hier Weltklasseleistungen bieten. Ohne Schüti hätten wir gestern nicht gewonnen, er bekam heute in der Besprechung ein Extra-Lob von Bernhard Peters. Oder unsere Ecken. Eine ganz hohe Quote. Besonders Björn Michel kraftvoll wie nie zu vor. Die zischen nur so ins Netz. Ob oben oder unten, rechts oder links. Dabei hilft beiden Eckenschützen, dass wir nun auch wie die Holländer (mit Taekema und Lomans) eine Pärchenaufstellung nehmen. Der Gegner weiß noch weniger, auf wen er sich beim Herauslaufen konzentrieren muss.

Und die Gegner? Malaysia im Augenblick viel stärker als in der Vergangenheit. Paul Lissek hat einige Junioren eingebaut, die sich als sehr wirkungsvolle Stürmer erweisen. Mit Kuhan hat er einen zuverlässigen Eckenschützen und auffällig, er lässt viel mehr als sonst nach vorn spielen. Australien hat wie Korea noch nicht die Form des vergangenen Jahrs. Aber da beide qualifiziert sind, befinden sich diese sicherlich eher im langfristigen Aufbau. Gleichwohl, die Koreaner waren gestern stärker als wir. Zwei ihrer Treffer wurden nicht gegeben (einmal, als der australische Schiri „Stockfehler“ pfiff. Timo war zwar in der Nähe, aber richtig gefährlich war der aus der Luft ins Tor gedrückte Ball nicht. Ein weiterer Treffer schien von außerhalb erzielt. Und wegen Bechis Siegtor gab es heftigen Protest der Spieler und auch später des koreanischen Coachs Young Kyu Kim auf der Pressekonferenz. Björn Michel hatte von rechts in den Kreis geflankt, genau zu Bechi, der als einziger Deutscher im Kreis, etwas 3-4 m vor dem Tor stand. Bechi nahm den Ball mit dem Rücken zum Tor an, drehte sich, fand einen Verteidiger auf dieser Seite und drehte blitzschnell zur anderen Seite, um den Ball schnell einzuknallen. Die Koreaner sahen in dieser Doppeldrehung eine Behinderung. Der australische Schiri Stewart Dearing nicht. Mal das Glück auf unserer Seite. Im Spiel gegen die Malayen hätte dagegen, wie wir uns noch mal auf dem Video-Bild überzeugen konnten, Sebastian Biederlacks Tor in der 28.Minute gegeben werden müssen. Stattdessen gab es Abschlag. Der einzige erkennbare Fehler: ein „Kahlschlag“ des malayischen Verteidigers Gobinathan. Genannt Gobi. So war auch sein Eingreifen und ähnlich muss er die nach ihm benannte Wüste geschaffen haben. Ohne ersichtlichen Grund oder eine Zweikampfverwicklung schlug er von außen kommend mit seinem Schläger in das Geschehen und erwischte Buddy am Arm. Etwas höher, so Mannschaftsarzt Andi Neuking, und er hätte einen glatten Durchbruch erreicht. Wie sagt der Sportreporter in solchen Situationen. Über das Turnier gleichen sich Fehlentscheidungen eben aus.

Zurück zu den Gegnern. Spanien nicht ganz so stark wie bei der EM, zudem fiel Tubau hier aus und musste heimfahren. Und die Gegner scheinen sich mehr und mehr auf den pfeilschnellen, bärenstarken und technisch brillanten „shooting star“ der Spanier, den 21-jährigen Santi Freixa, Wittis Sturmpartner in Terrassa einzustellen. Den stärksten Eindruck hinterlassen hier die Pakistani. Schon jetzt für Bernhard Peters das Maß aller Dinge bei Olympia. Unter ihrem neuen holländischen Trainer Roelant Oltmans haben sie in kurzer Zeit eine erstaunliche taktische Disziplin erarbeitet. Stehen sehr diszipliniert hinten drin und kommen dann mit überfallartigen Kontern, die durch die Schnelligkeit und technische Brillanz ihrer Stürmer (Butt, Shabbir, Kashif) gefährlich wie bei keiner anderen Mannschaft sind. Dazu zwei hervorragende Torhüter (Alam und Qasim). Da fällt der Rekordtorschütze Sohail Abbas gar nicht recht auf, zwei Spiele schon, ohne dass die Pakis überhaupt eine Ecke zugesprochen bekamen. Im Spiel gegen die Inder versenkte er dann aber gleich wieder deren drei. So ist derzeit Björn Michel auch hier „topscorer“ mit 5 Turniertreffern, vor Freixa (4), Kuhan (MAL), Abbas und Kashif (PAK) mit jeweils drei Treffern.

Da steht unserer Mannschaft heute Abend sicherlich ein ganz schwerer Gegner bevor. Wir sind sehr gespannt, wie die Mannschaft im derzeitigen Entwicklungsstand gegen die Pakistani bestehen wird. Dr. Michael Green ist noch nicht ganz wieder gesund und wird deshalb heute weiter pausieren. Das deutsche Tor wird wieder von Clemens Arnold gehütet.


Bleiben Sie uns verbunden –

HockeyHerzlichst

  Foto: Dieter Reinhardt (info@direvi.de)

Björn Michel und Christoph Bechmann 1999 beim Gewinn des Europameister-Titels


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