August 2003 bis Dezember 2007


Vereinshilfe Archiv: Dieter Strothmann

Nr. 09 - 5. September 2003

Übungsleiter: Versicherungspflicht neu prüfen

Die massive Kritik an der "grundsätzlichen" Einordnung der Übungsleiter in Sportvereinen als Arbeitnehmer und die damit verbundene Abführung von Sozialbeiträgen durch den Verein hat Wirkung gezeigt: Der Status der Übungsleiter im "Berufsgruppen-Katalog" wurde so überarbeitet, dass nun unter bestimmten, erheblich realistischeren Kriterien eine selbständige Tätigkeit vorliegt. Hauptpunkte bei der Einstufung sind, dass der Übungsleiter das Training eigenverantwortlich durchführt und dabei Dauer, Lage und Inhalte selbst festlegt. Weiterhin muss er sich wegen der Nutzung der Sportanlage selbst mit anderen Beauftragten des Vereins abstimmen. Kommen noch ein geringer zeitlicher Umfang sowie eine geringe Vergütung hinzu, stehen die Zeichen für eine Anerkennung als selbständige Tätigkeit auf "Grün". Werden dem Übungsleiter jedoch die durchgehende Bezahlung bei Urlaub oder Krankheit sowie ein Weihnachtsgeld oder Ähnliches vom Verein vertraglich zugesichert und hat er gegebenenfalls seinen Urlaub mit dem Verein abzustimmen, werden diese Fakten für eine abhängige Beschäftigung ausgelegt. Entscheidend bei der versicherungsrechtlichen Beurteilung ist aber jetzt eine Gesamtwürdigung aller im konkreten Einzelfall vorliegenden Umstände, die - wenn man die Kriterien kennt - in der Mehrzahl Übungsleiter wieder zu Selbständigen werden lässt.

Unsere Kinder in Lebensgefahr?

Bei den Münchner Sportaktionstagen waren sich alle einig: Schüler brauchen mehr Bewegung

Es waren zwei interessante, aktive, aber auch sehr nachdenklich stimmende Tage in der Münchner Rudi-Sedlmayer-Halle. Das Sport- und Kultusreferat der Stadt München hatte zu den „Sportaktionstagen der Münchner Schulen“ unter dem Titel „Schulsport neu erleben“ geladen und mit Vorträgen und Fachforen, mit Vorführungen und Demonstrationen die Thematik Schulsport bunt und ideenreich dargestellt.

Die Bedeutung der Bewegung für die Kinder in einer von Fernsehen und Computer geprägten Umwelt wurde betont, heiße Eisen wie Gewalt und Gewaltprävention durch Sport wurden angepackt, Professor Jürgen Weineck von der Uni Erlangen-Nürnberg befasste sich mit dem Einfluss von Sport und Bewegung auf die kognitive Leistungsfähigkeit, die Chancen der neuen Lehrpläne wurden erörtert, Möglichkeiten der Talentförderung durch die Schulen und das Kooperationsmodell „Sport nach 1“ wurden vorgestellt.

Professor Helmut Zöpfl von der Uni München ging in seinem Eingangsreferat auf die veränderte Kindheit und veränderte Jugend ein, wies in seinem Vortrag auf die Gefahren hin, die eine einseitige, kopflastige Bildung für die Entwicklung der Persönlichkeit, die Menschwerdung birgt.

Und in einer Podiumsdiskussion befassten sich Pädagogen, Sportwissenschaftler und Mediziner mit dem Thema Schulsport. Am Ende waren sich alle einig. Aber das waren sie vorher auch schon. Denn keiner, der auf dem Podium über „Schulsport gestern - heute - morgen; von der Trillerpfeife zum pfiffigen Sportunterricht“ diskutierte, hatte je Zweifel daran, dass Kinder viel mehr Bewegung bräuchten, am besten die tägliche Sportstunde.

Also appellierte Moderator Rudi Stein zum Abschluss: „Helfen Sie mit, dass wir dahin kommen.“ Eine, wie es scheint, ziemlich utopische Forderung. Nie nämlich waren wir weiter von dem entfernt, was der Sozialreformer Pestalozzi schon vor 200 Jahren gefordert hat. Dabei war damals das Problem längst nicht so akut, gab es weder Fernsehen noch Computer, dafür aber viele Wiesen und Wälder, Bäche und Bäume, wo sich die Kinder richtig austoben konnten.

Jetzt aber erzählen Sportlehrer von Kindern, die im Sportunterricht „schon nach dem Aufwärmen kaputt sind“, lauter „Schlaffis“, wie eine Zeitung unlängst getitelt hat. „Wenn das so weiter geht, braucht ein Grundschüler im Jahr 2010 Gehhilfen“, befürchtet der „Weser-Kurier“.

Und nun sollte hier über einen pfiffigen Sportunterricht diskutiert werden? Eigentlich, und auch da waren sich alle einig, geht es doch in erster Linie zunächst darum, das zu retten, was noch zu retten ist.

„Der Schulsport hat keine Lobby“, klagte Professor Peter Kapustin, Präsident des Bayerischen Landes-Sportverbandes (BLSV), der nach den vielen Jahren des zähen Kampfes gespürt hat, „dass wir so nicht weiterkommen. Wir müssen die Eltern aufrütteln“. Kapustin merkt, wenn er mit Eltern diskutiert, das Thema direkt und ungeschminkt anspricht, dass „dann der Groschen fällt. Beim Sport geht es ja um mehr als nur Bewegung. Es geht auch um das Miteinander, um die Persönlichkeitsentwicklung, sogar um kognitive Fähigkeiten“.

Aber natürlich auch um Gesundheit, wie Münchens Sport-Bürgermeisterin Gertraud Burkert in ihrer Begrüßung recht drastisch formuliert hatte: „Keinen Sport zu treiben ist gesundheits-, ja lebensgefährlich.“

Der Sportwissenschaftler Jürgen Weineck hat dunkle Visionen: „Die Menschen werden immer älter, aber was nützt es denn, wenn ich 100 werde, aber nicht mehr laufen kann?“ Weineck fordert „eine Belohnung für die, Sport treiben“. Denn die Kassen würden irgendwann die dramatischen Folgen des Bewegungsmangels nicht mehr auffangen können, der Mediziner Peter Lenhart, Vorsitzender des Bayerischen Sportärzteverbandes (BSÄV), sieht in den derzeitigen Problemen mit der Gesundheitsreform schon jetzt „die Folgen einer verfehlten Schulsportpolitik“.

Geht es nun eigentlich nach dem Kahlschlag von 1996 wenigstens wieder etwas aufwärts? Rudi Stein, selbst Hauptschullehrer, sieht ein paar Anzeichen, die Durchschnittszahl der erteilten Sportstunden steige leicht. „Langsam“, sagte er, „ganz langsam. Wenn es so weiter geht, haben wir in acht Jahren den Stand von 1980 erreicht“.

Das findet keiner so toll, nicht einmal Heidi Repser, die als Vertreterin des Kultusministeriums natürlich auf jeden noch so kleinen Erfolg hinweisen muss: „Die Schulen haben die Möglichkeit, im Rahmen des Wahlpflichtunterrichts dem Sport mehr Raum zu geben. Wir müssen die Schulleiter überzeugen, dass der Sport auch Chancen für andere Fächer bietet, sich positiv auf das Klima in der Schule auswirkt.“

Was Heidi Repser, eine frühere Leistungssportlerin, als Fortschritt verkauft, ist für andere ein Rückschritt: „Die Stundentafeln der Gymnasien sahen bisher vier Sportstunden vor, in der Neufassung erscheinen nur noch zwei, die anderen beiden rücken als Fußnote in den Wahlpflichtbereich“, kritisiert ihr Vorgänger Ewald Wutz.

Und Ulli Hesse, BLSV-Kreisvorsitzender in München, weiß, dass das Augenwischerei ist: „Dann kann man behaupten, dass wieder 100 Prozent der in den Stundentafeln vorgesehenen Sportstunden erteilt werden. Das ist, als wenn man die Schadstoffwerte nach oben setzt.“ Mit dem Sport kann man es ja machen, fürchtet nicht nur Kapustin. Solange nicht endlich die Eltern auf die Barrikaden gehen, werden die Politiker weiter sparen. Auf Kosten der Gesundheit: „Nach den Ergebnissen der PISA-Studie sind alle herumgerannt wie aufgeschreckte Hühner. Aber trotz all der Berichte über den desolaten körperlichen Zustand vieler Kinder werden keine Konsequenzen gezogen.“

Hier gegenzusteuern, das sei Aufgabe der Schule, betont Weineck: „Hier muss den Kindern lebenslanges Sporttreiben schmackhaft gemacht werden.“ Am besten durch die tägliche Sportstunde. Nicht, um Spitzensportler zu fördern, sondern „um Kindern zu zeigen, was sie mit ihrem Körper alles machen können“, wie Kapustin meint. Und Münchens Stadtschulrätin Elisabeth Weiß-Söllner sagt: „Kinder müssen nicht bewegungsbegabt sein, sondern bewegungsfreudig.“ Und dazu könne sie nur der Schulsport bringen, ausreichend und pfiffig dargeboten. Natürlich waren sich auch darin alle einig. Von Reinhard Hübner, gefunden auf http://www.bayernsport.de/

 
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