Juni 2002 bis November 2005


Vereinshilfe Archiv: Gunolf Bach

Nr. 16 - 10. Oktober 2002

Jugendarbeit im Sportverein - Fakten-Ideen-Perpektiven - Folge I

Brandneu ist die 120 seitige Broschüre von Dr. Klaus Balster (Vorstandsmitglied der Sportjugend NRW) und Prof. Wolf-Dietrich Brettschneider (Verfasser der Langzeitstudie NRW zur Jugendarbeit im Sportverein), die im Auftrag der Sportjugend NRW und dem Ministerium (MSWKS) erstellt wurde.
Im Vorwort der Broschüre weisen Dr. Michael Vesper (MSWKS) und Dirk Mays (Vorsitzender der Sportjugend-NRW) auf den wesentlichen Kernpunkt der Handreichung hin, nämlich, " ... die zentralen Aussagen der Studie von Prof. Brettschneider zu ausgewählten Themenbereichen, die auch die Gemüter zahlreicher Verantwortlicher im Kinder- und Jugendsport in den vergangenen Wochen und Monaten besonders berührt haben." Den Erkenntnissen der Studie werden konkrete Vorschläge für die Sportpraxis gegenübergestellt. Aus ihnen können die Verantwortlichen für die Jugendarbeit der Sportvereine, der Verbände und Bünde, Orientierungen für ihre praktische Arbeit ableiten. "Diese Praxisbeispiele sind als Anregungen zu verstehen, nicht als bloße Rezepte. Sie sollen interessierte und engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Sport in die Lage versetzen, Neues zu erproben, Gewohntes zu überdenken und eigene Ideen weiterzuentwickeln."

Um nun für unsere Vereins- und Verbandssituation die wichtigsten Aussagen zu finden, werde ich die Informationen bündeln und in einigen Ausgaben der Vereinshilfe erläutern.

Dazu erfolgt eine eigene der Wichtigkeit entsprechende inhaltliche Auflistung in der jeweiligen Folge, falls notwendig, mit eigener Kommentierung:

Ergebnisse der Studie

Bindung und Fluktuation
"Die Untersuchung sieht den Sportverein als nach wie vor unumstrittene No. 1 der Jugendorganisationen und bescheinigt ihm seine herausragende Leistung bei der Integration der jungen Generation in unsere Gesellschaft."
Ebenfalls werden die schon hinlänglich bekannten Ergebnisse " ... zum Engagement von Jugendlichen im Sportverein" bestätigt.
"Hinsichtlich des Fluktuationsverhaltens, der im Sport investierten Zeit, der Determinanten für Vereinseintritte und -austritte sowie der Abhängigkeit des Sporttreibens von den Kontextbedingungen des Sporttreibens, die sich in der Jugendphase schnell und nachhaltig ändern ( ... ), kommt die Studie zu neuen differenzierten Ergebnissen.
Merkwürdigerweise werden diese Hinweise von den Sportorganisationen bislang bestenfalls peripher wahrgenommen und diskutiert. Dieses erstaunt umso mehr, als die Befunde auf die Hauptaufgabe der Jugendarbeit in den Vereinen abzielen und für eine zukunftsfähige Gestaltung der Jugendarbeit von erheblicher Bedeutung sind

Motorische Leistungsfähigkeit
Für die Entwicklung der motorischen Leistungsfäjhigkeit, die mit Hilfe allgemeiner motorischer Teste gemessen wurde, lautet das Ergebnis:
Sportvereinsmitglieder weisen im Durchschnitt die besseren Ausgangs-, oftmals auch die besseren Abschlusswerte auf."
"Signifikante Entwicklungsunterschiede zugunsten der Vereinsjugendlichen lassen sich jedoch nicht feststellen."
"Differenzierungskraft besitzen Geschlechter und Alter; ein nachhaltiger Effekt der Vereinszugehörigkeit lässt sich nicht nachweisen."
Offenbar gelingt es den Sportvereinen, motorisch begabte Kinder zu rekrutieren und eine Zeit lang an sich zu binden.
"Der Nachweis besonderer Entwicklungsfortschritte hinsichtlich motorischer Leistungsfähigkeit auf seiten der Vereinsjugendlichen kann nicht erbrachr werden."

Psychosoziale Gesundheit und Riskoverhalten
Breiten Raum nehmen die Befunde zur Entwicklung der psychosozialen Gesundheit der Heranwachsenden ein.( ... )
"Nachhaltige Entwicklungen in positiver Richtung, die sich als eindeutige Effekte der Vereinszugehörigkeit erkären lassen, können generell nicht nachgewiesen werden."
"Dieser Befund trifft für die Entwicklung des Selbstwertgefühls zu, für das sich bei den Mädchen in der frühen, bei den männlichen Jugendlichen in der späten Jugendphase tendenziell positive Entwicklungen bei den Vereinsjugendlichen zeigen. Signifikante Effekte gibt es jedoch nicht.
Auch für die Einschätzung der Beziehungen im sozialen Netzwerk, der emotionalen Stabilität und auch des körperlichen Selbstkonzepts lassen sich signifikante Entwicklungsunterschiede nicht ermitteln.
Mangelde Differenzierungskraft besitzt der Vereinsstatus auch bei der Analyse der Auftretenshäufigkeit psychosomatischer Beschwerden und Anzeichen von Gewaltbereitschaft. Das Bild von der Ähnlichkeit der Untersuchungsgruppen wiederholt sich beim Konsum illegaler und legaler Drogen."
Anmerkung: - aus den Ergebnissen der Fußball-Teilstudie entstanden dann in der Öffentlichkeit die Überreaktionen ( ... verkürzt: - fußballspielende Jugendliche trinken und rauchen mehr, als nicht im Verein gebundene Jugendliche ).

Der Sportverein als "soziales Netz"
Was den Beitrag des Sportvereins zur sozialen Integration angeht, werden in der Studie zwei Aspekte unterschieden:
"Hinsichtlich seiner Leistung zur Systemintegration wird dem Verein Bemerkenswertes bescheinigt."
Andererseits ist die Beurteilung " ... der Rolle des Vereins als Motor für die Entwicklung zwischenmenschlicher Beziehungen ambivalent."
"Als hinderlich für die Bildung enger Sportvereinsnetzwerke werden Vorgaben der Verbände gesehen, die etwa für eine Geschlechtertrennung sorgen oder durch den in vielen Sportarten vorgeschriebenen jährlichen Wechsel der Altersklassen entstandene Bindungen teilweise beeinträchtigen.
Als ambivalent wird die Rolle des Trainers/der Trainerin eingestuft.
Freund/in oder alltäglicher Helfer kann diese Person nur in Ausnahmefällen sein. Erschwert wird diese Rolle durch eine oftmals hohe Fluktuation auf dieser Position, die Jugendliche davon abhält, soziale Beziehungen zum/zur Übungsleiter/in dauerhaft aufzubauen."
"Eigenartigerweise werden die Ergebnisse der qualitativen Studie in der Rezeption kaum zur Kenntnis genommen. Dieses erstaunt umso mehr, als zum einen die zweimalige Wiederholung der Interviews mit denselben Partnern reizvoll ist und zum anderen der Vergleich der Einschätzungen der Leistungen der Sportvereine durch Eltern und ihre Kinder neue Einblicke in die Wahrnehmung der Vereine durch Betroffene sichert."
(wird fortgesetzt)

 
Zurück
« Vereinshilfe
Vereinshilfe Archive
» Dieter Schuermann
» Gunolf Bach
» Dieter Strothmann 1
» Dieter Strothmann 2
» Norbert Zimmermanns
» Maren Boyé
 

» Impressum   » Datenschutz © 2024 • hockey.de