Juni 2002 bis November 2005


Vereinshilfe Archiv: Gunolf Bach

Nr. 107 - 9. Dezember 2004

Weitere Informationen zu Harz IV
Vereinshilfe 103 und 107 geben Auskunft

Mit dieser Ausgabe werden noch einmal Informationen zu Hartz IV in Verbindung mit dem Sport weiter verbreitet; dabei handelt es sich um die Positionierung des LSB-NRW zu diesem umfassenden und schwierigen Thema.

Hartz IV und der Sport
Was ist bei Zusatzjobs in Vereinen zu beachten?

Die "Zusatzjobs" im Rahmen von Hartz IV bieten auch für Sportvereine die Möglichkeit, Arbeitsgelegenheiten zu schaffen und Vorhaben zu realisieren, die bislang mangels personeller und finanzieller Ressourcen scheiterten.
In Deutschland ist zur Zeit ein großer Umbau der sozialen Sicherungssysteme im Gang. Dies betrifft mit dem Inkrafttreten des vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt - besser bekannt unter "Hartz IV" - zum 01. Januar 2005 auch den Sport. Insbesondere durch die Zusammenführung (unter dem Aspekt "Leistungen aus einer Hand") von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zum Arbeitslosengeld II (ALG II) und das neue Instrument zur Aufrechterhaltung der Arbeitsfähigkeit/Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt gem. §16 Abs. 3 SGB II , den Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung ("Zusatzjobs"), ergeben sich für die Sportvereine und ihre Mitglieder Gelegenheiten, einen Beitrag zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zu leisten und zugleich bislang nicht oder nur teilweise bearbeitete befristete Vorhaben durch externe Unterstützung anzugehen.
Berechtigten ALG II-Beziehern kann zukünftig im Rahmen ihrer persönlichen Eingliederungsvereinbarung ein Zusatzjob angeboten werden, das Ablehnen hat empfindliche Leistungseinbußen zur Folge. Geleistete Stunden werden mit 1,- bis 2,-€ Mehraufwandsentschädigung gefördert, bei Jugendlichen zur Anreißerhöhung einer Ausbildung nur mit 0,50 €. Dies gilt nicht als Einkommen und verbleibt anrechnungsfrei neben der Regelleistung beim ALG II-Bezieher.

Verfahren bei der Bewilligung von Zusatzjobs

Es gilt ein Antrags- und Bewilligungsverfahren. Träger der Wohlfahrtspflege oder kommunale bzw. sonstige Träger (hier ist auch der Sport gemeint) beantragen bei der für die Eingliederung von ALG II-Beziehern zuständigen Stelle die Förderung von Arbeitsgelegenheiten. Die zuständige Stelle prüft, ob die Arbeiten gemeinnützig und zusätzlich sind, bewilligt die Förderung und weist dem Träger diejenigen ALG II-Bezieher zu, für die eine solche Arbeitsgelegenheit nach der Eingliederungsvereinbarung sinnvoll ist.
Die Förderung an den Träger deckt die Mehraufwandsentschädigung ab, die an den ALG II-Bezieher ausgezahlt wird und kann auch eigene Kosten des Trägers z.B. für die Qualifizierung des Hilfebedürftigen, Anleitungs- und Betreuungspersonal, etc. abdecken.
Die einzelfallbezogene Leistung an den Träger kann maximal 500,- € pro Teilnehmer und Monat betragen und setzt sich aus der Mehraufwandsentschädigung und einer vom tatsächlichen Bedarf abhängigen Sachkostenförderung von bis zu 300,- € pro Monat für den Träger zusammen.
Die Dauer der Förderung wird i. d. R. sechs Monate betragen, der Arbeitseinsatz ist auf 30 Stunden pro Woche begrenzt. Es muss ein Qualifizierungsanteil von 20% enthalten sein, den der Träger abdeckt oder für den der Zusatzjobber freigestellt wird.
Wichtig: Generell werden durch die Bundesregierung und die Bundesagentur für Arbeit nur Rahmenvorgaben und Empfehlungen formuliert, die Umsetzung und konkrete Ausgestaltung wird lokal den dortigen Verhältnissen angepasst geregelt. Somit können zentral (auch von Seiten des LandesSportBundes) kaum konkrete Aussagen gemacht werden, da sich für die Umsetzung eine Vielzahl von möglichen Verfahrenswegen und -bedingungen abzeichnen. Die Sportorganisation vor Ort, allen voran die Stadt- und Gemeindesportverbände und die Stadtsportbünde sind gefordert, sich mit den Bedingungen und Ausgestaltungen auseinanderzusetzen und im Dialog mit den anderen Akteuren dafür zu sorgen, dass die Interessen des Sports gewahrt bleiben. Die Einzelheiten sind bei der zuständigen Antrags- und Bewilligungsstelle, i. d. R. der örtlichen Agentur für Arbeit, zu erfragen.
Diese Zusatzjobs sollen zu einer verbesserten Eingliederung in den Arbeitsmarkt führen und müssen gemeinnützig und zusätzlich sein. Weiterhin dürfen keine bestehenden Arbeitsplätze gefährdet werden. Für den durch das Ehrenamt gestützten Sport lässt sich ergänzen, dass auch kein ehrenamtliches Engagement oder Arbeitsformen wie das Freiwillige Soziale Jahr verdrängt werden sollen. Weitere Kriterien sind hinreichende Bestimmtheit, arbeitsmarktpolitische Zweckmäßigkeit, gesamtgesellschaftliches Interesse und Neutralität (keine Wettbewerbsverzerrung am Markt).
Es entsteht kein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis. Alle ALG II-Bezieher sind kranken-, renten- und pflegeversichert und darüber hinaus über die VBG kostenlos gegen Unfälle und Haftpflichtschäden versichert.

Empfehlungen für die Praxis

Vereine prüfen die Möglichkeit, sinnvolle zusätzliche Arbeitsgelegenheiten einzurichten und ob evtl. gesonderte Beitragsregelungen für betroffene Mitglieder getroffen werden müssen. Weiterhin sollte Kontakt mit Ansprechpartnern im lokalen Dachverband des Sports (Stadtsportbünde, Stadtsportverbände und Gemeindesportverbände) aufgenommen werden.
Stadtsportbünde bzw. Stadtsportverbände und Gemeindesportverbände übernehmen in Abstimmung mit ihren örtlichen Partnern (Agentur für Arbeit, Kommunen, Arbeitsgemeinschaften) eine koordinierende Funktion. Sie übernehmen die Beratung von Sportvereinen als Träger und die Sicherung von Qualifizierungs- und Betreuungsleistungen. Weiterhin können sie als Träger solcher Maßnahmen auftreten.
Verbände prüfen, ob die Einrichtung von zusätzlichen Arbeitsgelegenheiten in geeignete Einsatzmöglichkeiten wie Sportschulen, Leistungszentren und Geschäftsstellen Sinn macht. Weiterhin sollte Kontakt mit Ansprechpartnern im lokalen Dacgverband des Sports (SSV / GSV / SSB) aufgenommen werden.
Kreissportverbünde stimmen mit den Stadtsportverbänden bzw. Gemeindesportverbänden ab, ob und welche Unterstützungsleistungen (Information, Koordination und Erfahrungsaustausch) übernommen werden sollen. Falls erforderlich, werden anfallende Qualifizierungsbausteine unter Einbindung der Qualifizierungszentren gebündelt.
Gemeindliche Sportbünde und LandesSportBund schaffen Möglichkeiten, dass Mitarbeiter in Arbeitsgelegenheiten an den bestehenden Qualifizierungsmaßnahmen teilnehmen können. Darüber hinaus wird geprüft, ob zusätzliche Qualifizierungsangebote erforderlich sind und nachgefragt werden.

Der LandesSportBund Nordrhein-Westfalen beobachtet in enger Kooperation mit dem Deutschen Sportbund und den anderen Landessportbünden die Entwicklung der Umsetzung der Regelungen des Hartz IV-Gesetzes.
Insbesondere die Beachtung der Kriterien für die Einrichtung von Arbeitsgelegenheiten, das Antragsverfahren und nicht zuletzt auch beobachtbare und messbare Wirkungen sind zu erfassen und regelmäßig auszuwerten.
Zur Unterstützung der örtlichen Aktivitäten entwickelt der LandesSportBund Nordrhein-Westfalen Informations- und Arbeitsmaterialien bzw. bündelt und verteilt vorhandenes Material auf der örtlichen Ebene.

Weitere Empfehlungen und Material des LandesSportBundes zum Arbeitsmarkt Sport.
Ansprechpartner:
LandesSportBund Nordrhein-Westfalen, Michael Bauten; Tel.: 0203/7381 - 864, E-Mail: michael.bauten@lsb-nrw.de
(wir-im-sport)

Attraktive Beschäftigungsmöglichkeiten
Entlastung durch Zusatzjobs im Sport

Der Sport will die Förderungsmöglichkeiten nach der Arbeitsmarktreform Hartz IV nutzen. So sollen Langzeitarbeitslosen Beschäftigungsmöglichkeiten und damit Reintegrations-Chancen für den ersten Arbeitsmarkt geboten werden. Mitte Oktober hatte die Ständige Konferenz der Landessportbünde auf ihrer Tagung in Hannover eine Erklärung zu "Hartz IV im Sport - Chancen und Möglichkeiten" verabschiedet. Darin heißt es, bei "Wahrnehmung dieser wichtigen gesellschaftspolitischen Aufgabe" biete sich "die Chance, sich in die Entwicklung arbeitsmarktpolitischer Konzepte einzubringen".
Der Zusatzjobber erhält eine Mehraufwandsentschädigung in der Regel zwischen einem und zwei Euro pro Stunde, was kein Stundenlohn ist, sondern eine Art steuerfreier Pauschalabgeltung von Spesen. Sie wird zusätzlich zum Arbeitslosengeld II ausgezahlt: am 10. des nachfolgenden Monats. Jugendliche erhalten 50 Cent (um sie zu motivieren, eine Ausbildung zu machen - ansonsten wäre die Gesamteinnahme höher als die Ausbildungsvergütung). In besonderen Fällen können bis zu zwei Euro gezahlt werden. Die Zusatzjobber sollen maximal 30 Stunden pro Woche tätig sein. Bewilligt werden die Beschäftigungsmöglichkeiten zunächst für sechs Monate mit der Option, Verlängerungen zu ermöglichen, maximal bis zu zwei Jahren. Soweit einige Gestaltungsmöglichkeiten - die genauen Einzelregelungen treffen die Partner vor Ort: die Agenturen für Arbeit und die Kommunen.

Chancen für den Sport

Die Einrichtung dieser Arbeitsgelegenheiten bietet für den Sport eine Vielzahl von Chancen. Hier seien nur einige Aspekte genannt:
- Im organisierten Sport gibt es zahlreiche Tätigkeiten, für die derzeit nicht ausreichend Mitarbeiter zur Verfügung stehen (z.B. Pflege und Schönheitsreparaturen von Sportanlagen, organisatorische Vorbereitung und Durchführung von Festen und Veranstaltungen, Durchführung von Informations- und Werbekampagnen, organisatorische Unterstützung des Trainings- und Wettkampfbetriebes etc.) Hier könnten Zusatzjobs einen Beitrag zur Abhilfe leisten.
- Es besteht die Möglichkeit, die Zusatzjobs auch im Bereich von aktuellen Projekten (z. B. offene Ganztagsschule, Einrichtung neuer Sportangebote, Aufbau eines Internet-Auftritts) einzusetzen. Hier sind zum einen attraktive Beschäftigungsmöglichkeiten erkennbar, andererseits könnte eine wesentliche Entlastung angesichts der Aufgabenfülle, die in diesen Feldern anstehen, eintreten.

Den Chancen, die sich aus der umfassenden Sozialreform ergeben, stehen allerdings in den Reihen des Sports auch Bedenken gegenüber. Es wird befürchtet, dass mit der Einführung des Arbeitslosengeldes II die wirtschaftlichen Bedingungen für viele Menschen aus der Mittelschicht als Kerngruppe der Sportvereinsmitglieder nachhaltig verschlechtern könnte.
Dieses könnte Auswirkungen auf Mitgliedschaft und Mitwirkung in den Sportorganisationen haben.

"Ob sich die Bedenken bewahrheiten werden, oder die Chancen von den Sportorganisationen beherzt genutzt werden können: darüber lassen sich im Moment nur Prognosen abgeben. Aber das liegt in der Natur jeder Reform. Wir werden die Entwicklung beobachten und unseren Partnern vor Ort entsprechende Empfehlungen geben", sagt Rainer Kusch, Leiter des Stabs "Sportentwicklung/Grundsatzfragen" im LandesSportBund.
(wir-im-sport)

 
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