Juni 2002 bis November 2005


Vereinshilfe Archiv: Gunolf Bach

Nr. 103 - 4. November 2004

Hartz IV und der Sport - Was kommt auf betroffene Übungsleiter zu?

Nach Meinung vieler Fachleute ist Hartz IV die einschneidendste Sozialreform seit Gründung der Bundesrepublik.
Auch der gemeinnützige Sport und seine Vereine bleiben davon nicht unberührt. Hier stellt sich vor allem die Frage, welche Konsequenzen sich für arbeitslose, nebenberuflich tätige Übungsleiter/innen ergeben.
Was ist grundsätzlich zu beachten, wenn nach dem 01. Januar 2005 Arbeitslosengeld I oder Arbeitslosengeld II (Leistungen nach Hartz IV) bezogen werden?
Wird die Übungsleiterpauschale in Höhe von max. 1.848 €/Jahr angerechnet?
Welche Regelungen greifen, wenn Übungsleiter/innen auf der so genannten "400-Euro-Basis" (Mini-Job) tätig sind?
Was passiert z.B. mit Zusatzleistungen zur Übungsleitervergütung, etwa dem Fahrgeldersatz?
Wo bestehen Unklarheiten bei den neuen gesetzlichen Regelungen?
Der versierte Rechtsanwalt und Experte für Vereinsrecht, Gerhard Geckle, der auch für den Deutschen Sportbund tätig ist, hat sich mit der Thematik auseinandergesetzt und die wichtigsten Folgen aus Hartz IV für Übungsleiter/innen und Vereine in einem Überblick zusammengefasst.
Im Folgenden wird der im Oktober in der DSB Presse erschienenen Artikel wiedergegeben.

von Gerhard Geckle

Vereine und Verbände sind auf die Mitarbeit von nebenberuflich tätigen Übungsleitern/Trainern angewiesen. Egal ob im sportlichen/kulturellen Bereich oder bei der notwendigen Erfüllung auch von gemeinnützigen Aufgabenstellungen im großen sozialen Bereich. Der Staat fördert dies u. a. durch den sogenannten Übungsleiter-Freibetrag, also die in § 3 Nr. 26 EStG enthaltene Regelung, dass Vergütungen für derartige begünstigte betreuerische Tätigkeiten bis zu 154 Euro im Monat/1.848 Euro im Jahr grundsätzlich steuer- und sozialversicherungsfrei bleiben. Wird eine höhere Vergütung über die 154 Euro pro Monat bezahlt, erreicht der Verein auch weiterhin eine steuerfreie Netto-Auszahlung an seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wenn zusätzlich eine Mini-Job-Vereinbarung getroffen wird. Damit können bis zu 554 Euro an gezahlten Vergü-tungen insgesamt steuer- und sozialversicherungsfrei bleiben. Natürlich mit der Maßgabe, dass der Verein dann aus den bis zu 400 Euro die Pauschalabgaben für Steuer und Sozialversicherung übernimmt, maximal 25 % aus 400 Euro.

Ausschließlich für den Sportbereich besteht noch eine weitere Vergünstigung: Wird die nebenberufliche Tätigkeit auf selbstständiger Basis ausgeübt, bei Einsatz des hierfür vorgesehenen Mustervertrags, kann dann ein Betrag bis zu 154 Euro von Seiten des Vereins insgesamt steuer- und sozialversicherungsfrei ausbezahlt werden. Auf den auf dieser Basis arbeitenden Übungsleiter/Trainer kommt dann allenfalls eine teilweise Steuerpflicht zu, nämlich wegen des Differenzbetrags zwischen der gezahlten Jahresvergütung als Honorar, dies zunächst einmal nach Abzug des Übungsleiter-Freibetrags von 1.848 Euro.

Nebenberuflich bedeutet zunächst, dass man bei einem Beschäftigungsverhältnis nicht mehr als 1/3 seiner Zeit für die Übungsleitertätigkeit opfert. Der Nebenberuflichkeitsstatus wird aber auch für eine Nichterwerbsfähigkeit zugebilligt, etwa für den Status als Hausfrau/Hausmann, Rentner, Pensionär, Schüler/Student und in den leider häufigen Fällen der Arbeitslosigkeit etc.

Was gilt derzeit für Bezieher von Arbeitslosengeld/Arbeitslosenhilfe?

Im Grundsatz gilt: Arbeitslose, die eine Nebenerwerbstätigkeit ausüben - ob angestellt oder selbstständig -, müssen dies in jedem Fall bei ihrer Arbeitsagentur anzeigen (Allgemeine Mitwirkungspflicht). Auch ein erzieltes Einkommen muss grundsätzlich durch eine entsprechende Nebeneinkommensbescheinigung des Arbeitgebers nachgewiesen werden. Bei der Anrechnung eines solchen Nebeneinkommens gilt ein Freibetrag von grundsätzlich 20 % des monatlichen Arbeitslosengeldes /der monatlichen Arbeitslosenhilfe, mindestens jedoch ein Pauschbetrag von 165 Euro monatlich

Diese Frage der Einkommensanrechnung stellt sich jedoch bei Einkünften als Übungsleiter nach § 3 Nr. 26 EStG nicht. Da diese Einkünfte als "Aufwandsentschädigungen" nicht der Steuerpflicht unterliegen, gelten sie auch nicht als Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung und damit nicht als "Nebenerwerbseinkommen" bei Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe. Sie bleiben deshalb - so nach ausdrücklichen Durchführungsanweisungen der Bundesagentur für Arbeit - bislang immer anrechnungsfrei. Der o.a. Freibetrag für Nebenerwerbseinkommen kann damit also (zusätzlich) mit einem weiteren Nebenjob ausgeschöpft werden.

Allerdings sind dabei zeitliche Grenzen zu beachten. Sobald die Tätigkeit(en) einen Umfang von 15 und mehr Wochenstunden umfassen, führt dies grundsätzlich zum Wegfall der Arbeitslosigkeit und damit auch des Anspruchs auf Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe. Eine Ausnahme gilt wiederum dann, wenn es sich um eine "ehrenamtliche Tä-tigkeit" handelt. Dies sind nach einer Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit Tätigkeiten, die unentgeltlich ausgeübt werden, dem Gemeinwohl dienen und bei einer Organisation erfolgen, die ohne Gewinnerzielungsabsicht arbeitet. Hier gilt die "15-Stunden-Grenze" ausdrücklich nicht.

Tätigkeiten als Übungsleiter nach § 3 Nr. 26 EStG sind in diesem Sinne jedenfalls immer unentgeltlich (die steuerfreie Aufwandsentschädigung ist kein Arbeitsentgelt). Ob die weiteren Voraussetzungen für eine ehrenamtliche Tätigkeit erfüllt sind und deshalb die "15-Stunden-Grenze" (ggf. zusammen mit anderen Tätigkeiten) leistungsunschädlich überschritten werden darf, muss jedoch im Einzelfall geprüft werden. Hier sollte auf jeden Fall eine vorherige Rückfrage bei der Arbeitsagentur erfolgen, um Nachteile zu vermeiden.

Was gilt ab 2005 beim Arbeitslosengeld?

Die Regelungen des Einkommensteuerrechts blieben unverändert. Der Übungsleiterfreibetrag von bis zu 154 Euro monatlich bleibt damit lohnsteuer- und sozialversicherungsfrei.
Er ist deshalb weiterhin als "Aufwandsentschädigung" und nicht als Arbeitsentgelt zu werten und auch künftig nicht als Nebeneinkommen auf das Arbeitslosengeld anzurechnen.
Daneben können bis zu 400 Euro monatlich im Rahmen der Minijob-Regelung als Übungsleiterhonorar gezahlt werden, wovon in der Regel 25 %, also bis zu 100 Euro, als Pauschalbeitrag an die Bundesknappschaft abzuführen sind. Für derartige "echte" Nebeneinkünfte ändert sich jedoch die Anrechnungsregelung beim Arbeitslosengeld.
Ab 1.1.2005 wird nur noch der Mindestfreibetrag von 165 Euro monatlich gelten; die bisherige zusätzliche "20 %-Grenze" entfällt.

Fazit:
Die anstehende Neuregelung über Hartz IV wirkt sich auf das Bisherige - die im SGB III enthaltene Leistungsart des Arbeitslosengeldes (ALG I) - nicht aus.
Beim ALG I wird lediglich die Nebeneinkommensregelung vereinfacht. Künftig verbleiben jedem als Übungsleiter tätigen Leistungsbezieher 165 Euro pauschal anrechnungsfrei - zusätzlich zum Freibetrag von 154 Euro. Der Sockelfreibetrag von 165 Euro ist auch heute bereits anrechnungsfrei.
Wer jedoch aktuell Arbeitslosengeld von mehr als 825 Euro monatlich bezieht, kann dieses Jahr noch höher leistungsunschädlich hinzu verdienen: -und zwar in Höhe von 20 % des bewilligten monatlichen Arbeitslosengeldes.

Was gilt ab 2005 für Bezieher von Arbeitslosengeld II?

Ab 1.1.2005 wird die bisherige Arbeitslosenhilfe durch das neue Arbeitslosengeld II ersetzt (Hartz IV-Gesetz).
Dabei wird die Anrechnung von Einkommen gegenüber dem Arbeitslosengeld oder der Arbeitslosenhilfe erheblich verschärft. Für Erwerbseinkommen gelten anstelle des bisherigen Mindestfreibetrages im Arbeitslosengeld II künftig nach der Höhe des Einkommens gestaffelte Freibeträge.
Danach bleiben anrechnungsfrei:
- 15 % des Nettoentgelts bei einem Bruttoverdienst bis 400 Euro
- 30 % des Nettoentgelts bei dem Teil des Bruttoverdienstes zwischen 401 und 900 Euro
- 15 % des Nettoentgelts bei dem Teil des Bruttoverdienstes zwischen 901 und 1.500 Euro

Hier beginnen aber bereits die Unklarheiten.
Fraglich ist, ob das bisherige - beim Arbeitslosengeld oder der Arbeitslosenhilfe bestehende - Einkommensprivileg erhalten bleibt oder ob Übungsleiterpauschalen künftig beim Arbeitslosengeld II - trotz des fehlenden Arbeitsentgeltcharakters - als "allgemeines" Einkommen angerechnet werden.
In letzterem Fall könnten sogar die o.a. Freibeträge entfallen, wenn es sich nicht um "Erwerbseinkommen" handelt. Dann bliebe den Betroffenen "nur" die allgemeine Möglichkeit, durch bestimmte Aufwendungen zu einer Verringerung des anrechenbaren Einkommens zu gelangen:
- dies betrifft die Absetzbarkeit von Werbungskosten (u.a. Fahrkosten 6 Cent pro km), von Pflichtbeiträgen zu Versicherungen (z.B. KFZ-Haftpflicht) und eines Pauschbetrages von 30 Euro monatlich für sonstige bestehende Versicherungen.

Schwierig wird es auch mit Zusatzleistungen zur Übungsleitervergütung, etwa Fahrgeldersatz. Es sei denn, der Verein/Verband übernimmt die Pauschalversteuerung und erreicht so die Steuerfreiheit beim Empfänger/dem Übungsleiter/Trainer.
Sonstige Reisekosten bleiben nach § 3 Nr. 16 EStG steuer- und beitragsfrei.

Der Bundesgesetzgeber ist gefordert:
- es ist unverzichtbar für die Vereinspraxis, dass bei bisher begünstigten Übungsleitertätigkeiten für die verschiedensten gemeinnützigen Aufgabenstellungen von komplizierten Verwaltungsanweisungen abgesehen wird.
Anrechnungen auf den Leistungsbezug, zumindest in Höhe des zwischenzeitlich anerkannten Übungsleiterfreibetrages von 154 Euro, sollten unbedingt vermieden werden.

Die vorstehende Abhandlung zu "Hartz IV" stellt im Hinblick auf Bezieher von Arbeitslosengeld II die Frage, ob Übungsleiterpauschalen künftig als "allgemeines" Einkommen angerechnet werden müssen.
Nach Auskunft des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit sind Einnahmen (z.B. aus Übungsleitertätigkeit) nicht als Einkommen zu be-rücksichtigen, soweit sie als sogenannte zweckbestimmte Einnahmen anderen Zwecken als den Leistungen nach dem einschlägigen Sozialgesetzbuch II dienen.
Ferner darf die Lage des Einkommensbeziehers nicht so günstig beeinflusst werden, dass daneben Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II (Arbeitslosengeld II) nicht gerechtfertigt werden.

Was ist damit konkret gemeint?
Werden im Rahmen ehrenamtlicher Tätigkeiten (z.B. als Übungsleiter) Aufwandsentschädigungen gezahlt, wird davon ausgegangen, dass hiermit zweckgebundene Entschädigungen des konkreten Aufwandes bezahlt werden und diese Entschädigungen anderen Zwecken als das Arbeitslosengeld II dienen.
Mit anderen Worten: -Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass der Bezug von Übungsleiteraufwandsentschädigung die Zahlung von Arbeitslosengeld II nicht betrifft.
Die Frage, ob durch die Zahlungen die Lage von Aufwandsentschädigungs-Empfängern so günstig beeinflusst wird, dass daneben keine oder nur geringere Leistungen im Sinne des Arbeitslosengeldes II gerechtfertigt sind, ist allerdings von den zuständigen Behörden Einzelfall-bezogen zu entscheiden.
Hierbei wird jedoch davon ausgegangen, dass die Zahlung des Arbeitslosengeldes II immer dann gerechtfertigt ist, wenn die Höhe der (Übungsleiter-) Aufwandsentschädigung einen monatlichen Betrag in Höhe einer halben monatlichen Regelleistung nach § 20 Abs. 2 SGB II nicht übersteigt.
Die monatliche Regelleistung nach diesem Gesetz beträgt für Personen, die alleinstehend oder alleinerziehend sind oder deren Partner minderjährig ist, in den alten Bundesländern einschließlich Berlin (Ost) 345 Euro, in den neuen Bundesländern 331 Euro. Übungsleiterentschädigungen in Höhe des steuerlichen Freibetrages von 154 Euro monatlich sind folglich in jedem Falle niedriger als die halbe monatliche Regelleistung.
(Aus: DSB Presse Nr. 44/26. Oktober 2004)

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(wir-im-sport)

 
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