Juni 2002 bis November 2005


Vereinshilfe Archiv: Gunolf Bach

Nr. 102 - 28. Oktober 2004

Doping im Breitensport

Die folgenden vier Artikeln von Ben Binkle und Theo Düttmann (Wir-im-sport/LSB-NRW) zeigen die Verzahnung zu diesem Thema von Leistungs- und Breitensport auf.
Für das Jahr 2005 wird das Thema "Doping" ein Grundsatzthema sein und unter der besonderen Berücksichtigung von Kindern und Jugendlichen, verbunden mit dem Alltagsbezug "Schule/Verein"; behandelt werden.

Keine Schutzzone - immer weniger Skrupel

Keine Schutzzone

23 überführte Sünder bei den Olympischen Spielen in Athen zeigten einmal mehr, wie groß das Dopingproblem im Spitzensport ist. Aber auch im Breitensport greifen immer mehr Sportler, darunter viele Jugendliche, regelmäßig zu Anabolika und Schmerzmitteln. Die Kampagne "Falscher Einwurf! Gegen Doping & Medikamentenmissbrauch" des LandesSportBundes Nordrhein-Westfalen und des Sportministeriums greift das Problem auf und bietet Alternativen.
In Athen war das Thema Doping in aller Munde, im Breitensport aber wird "gedopt" meist unbeachtet von der großen Öffentlichkeit. Unter der Ladentheke wird fleißig mit Anabolika und anderen Medikamenten gedealt, Kontrollen gibt es im Breitensport nicht.
Medikamentenmissbrauch wird in verschiedenen Spielarten betrieben: Nicht nur das "klassische" Doping mit z.B. Anabolika, Wachstumshormonen, Erythropoetin (EPO) oder Stimulanzien, sondern auch der Missbrauch von z.B. Schmerzmitteln und Entzündungshemmern gehören bei vielen Sportlerinnen und Sportlern zur Routine.
Dr. Ernst Jakob vom Sportkrankenhaus Hellersen, der im Rahmen der Kampagne das Handlungsfeld SPORTVEREIN bearbeitet, diagnostiziert für den Breitensport: "Im Sport gibt es keine dopingfreie Zone."

Immer weniger Skrupel

Beim Griff zu Dopingmitteln und ähnlichen Substanzen gibt es immer weniger Skrupel. Der Einstieg kann über scheinbar harmlose Nahrungsergänzungsmittel geschehen, wenn diese ausschließlich zum Zwecke der Leistungssteigerung konsumiert werden. Solche frei erhältlichen Präparate sind für Sportler mit extrem hohen Belastungen vorgesehen und für Freizeitsportler völlig unnötig.
Nahrungsergänzungsmittel bergen zudem ein weiteres Risiko in sich.
Nach einer Untersuchung des Biochemischen Instituts der Sporthochschule Köln sind diese Substanzen in 14,8% der Fälle verunreinigt und können so zu positiven Dopingtests führen.
Aber auf dem Weg zu verbesserter Leistung scheint vielen Sportlern fast jedes Mittel recht zu sein. Die Hemmschwelle auch junger Sportler sinkt. "Viele junge Leute denken, ohne solche Nahrungsergänzungsmittel könnten sie nicht leistungsfähig sein", sagt Dr. Ernst Jakob.
Der Großteil der in Athen überführten Dopingsünder kam allerdings aus dem Bereich des Kraftsports. Allein zehn positive Tests gab es im Lager der Gewichtheber.
Auch im Breitensport findet sich der Anabolika-Konsum vor allem in den Kraftsportarten, wie z.B. dem Bodybuilding. "22 Prozent der Männer und acht Prozent der Frauen in Fitnessstudios greifen zu anabolen Substanzen", weiß Dr. Carsten Boos von der Universität Lübeck.
Diese bedenklichen Zahlen brachte Boos in einer Umfrage-Studie zu Tage.
"Sollten die vorliegenden Zahlen auch nur zur Hälfte stimmen, ist von 350.000 Anabolika-Konsumenten in Deutschland ausgehen."
Ganz zu schweigen von der Dunkelziffer, also den Sportlern, die ihren Konsum verschweigen.
Besonders erschreckend ist, dass vor allem Jugendliche schnell und leichtfertig zu Tabletten und Spritzen greifen.
Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung weist den Anteil der Anabolika-schluckenden Jugendlichen mit drei bis fünf Prozent aus, die Gruppe zwischen 21 und 25 Jahren ist am stärksten betroffen.
Beim Streben nach dem Fitness-Ideal scheint vielen jungen Bodybuildern fast jedes Mittel recht - über die schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen des Dopings sind sie sich nur selten im Klaren. Dopende Sportler haben ein fünffach gesteigertes Risiko, vorzeitig zu sterben.

Kampagne gegen Doping und Medikamentenmißbrauch

Mit der Kampagne "Falscher Einwurf! Gegen Doping und Medikamentenmissbrauch" wollen LandesSportBund und Sportministerium ein Gegengewicht schaffen.
"Die eigenen Leistungsgrenzen erkennen und akzeptieren", so lautet eine der zentralen Aussagen.
Denn eine gesunde Selbsteinschätzung macht Doping von vornherein unnötig. Anstatt Spritzen und Tabletten informiert die Kampagne über gute Alternativen:
Ein optimiertes Training erhöht ganz ohne Anabolika die Leistungsfähigkeit.
Eine gesunde und ausgewogene Ernährung ersetzt jedes Nahrungsergänzungsmittel.
Dazu kommen psychologische Aspekte, die vor allem von den Übungsleitern vermitteln werden müssen:
Echte Siegertypen brauchen kein Doping, um sich auszuzeichnen.

Im Mittelpunkt des bis 2005 laufenden Projekts stehen die Jugendlichen in Schulen und Sportvereinen.
Unter dem Motto "Doping beginnt im Kopf" soll durch umfassende Information und Aufklärung verhindert werden, dass junge Menschen überhaupt erst zu illegalen Mitteln greifen.
Ein Problembewusstsein muss geschaffen und das Selbstbewusstsein der jungen Sportler gestärkt werden.
Besonders sind die Trainer und Vereinsmitarbeiter aufgefordert, den Jugendlichen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.

Grund für den Missbrauch von Medikamenten und den Einsatz von Dopingmitteln im Sport ist oftmals falsch verstandener Leistungsdruck.
"Wir verwechseln in allen Lebensbereichen oft Erfolg und Leistung", sagt Prof. Edgar Beckers von der Ruhr-Universität Bochum.
Bei der Kampagne des LandesSportBundes leitet Beckers das Handlungsfeld "SCHULE". Er sieht den Sport als Spiegel der Gesellschaft:
"Doping ist nicht ein rein sportliches, sondern ein gesellschaftliches Problem."

Schwarzmarkt floriert

Beschaffung meist kein Problem

Wer Anabolika sucht, der wird auch fündig.
Der Schwarzmarkt mit anabolen Präparaten floriert und setzt jährlich rund 100 Millionen Euro um - Angebot und Nachfrage bedingen sich gegenseitig.
Schon ein paar Klicks im Internet reichen aus, um an die illegalen und hochgefährlichen Substanzen zu gelangen. Gedealt wird nicht nur in einschlägigen Fitness-Studios, sondern sogar auf dem Schulhof.
Die Händler kaufen die Anabolika meist billig im Ausland ein und setzten die Schmuggelware dann in Deutschland um.
Auch im Ausdauersport wird nicht selten mit Medikamenten nachgeholfen. Das Schweizer Bundesamt für Sport in Magglingen machte die Probe aufs Exempel.
Bei einem Marathon in Davos 2000 wurden die Freizeitsportler zu ihrem Medikamentenkonsum befragt. Und die Ergebnisse waren alarmierend:
12,3 Prozent der Starter nahmen kurz vor oder gar während des Rennens Schmerzmittel oder Entzündungshemmer ein, um der hohen körperlichen Belastung Stand zu halten.
"Schmerzmittel sind leicht zu besorgen.
In jeder gut sortierten Hausapotheke befinden sich solche Medikamente, die zur Behandlung von leichten Schmerzzuständen gedacht sind", weiß Dr. med. Ernst Jakob.
"Diese werden von den Sportlern dann zweckentfremdet, was erhebliche gesundheitliche Folgen haben kann."
Von hohem Blutdruck über Herzrhythmusstörungen bis hin zu einer Beeinträchtigung der Nierenfunktion sind viele Folgeerkrankungen möglich.

Verschiedene Formen des Dopings und Medikamentenmissbrauchs

Palette reicht von Schmerzmitteln bis zur Designer-Droge

Um die eigene Leistungsfähigkeit zu steigern, gibt es je nach Sportart und gewünschtem Effekt ganz verschiedene Formen des Dopings.
Sehr häufig werden gerade in Kraftsportarten wie Bodybuilding und Gewichtheben positive Befunde von Anabolika publik. Anabole Wirkstoffe wie Nandrolon, Stanozolol oder Wachstumshormone werden in der Trainingsphase von Athleten verwendet, um einen stärkeren Muskelaufbau und damit verbunden eine Verbesserung der sportlichen Leistung zu erzielen.
Zuletzt sorgte das anabole Designersteroid Tetrahydrogestrinon (THG) für Furore, das im amerikanischen Balco-Labor entwickelt wurde und in der Leichtathletik für einen Skandal sorgte.
Auch Asthmasprays gelten als anabol wirksam, ihre notwendige Verordnung ist daher bei der Nationalen Anti-Doping-Agentur (NADA) anzumelden.
Eine weitere Variante ist Doping mit Erythropoetin (EPO) in Ausdauersportarten. Eigentlich ist EPO ein körpereigenes Hormon, das die Bildung roter Blutzellen anregt.
Mittlerweile wird EPO auch gentechnisch produziert. Es verbessert den Sauerstofftransport im Blut zur Muskulatur und fördert so die Leistungsfähigkeit.

Für kurzfristige Leistungssteigerungen bedienen sich Sportler der Stimulanzien. Diese Aufputschmittel wie Amphetamine oder hochdosiertes Koffein, auch Kokain, steigern die Risikobereitschaft und die motorische Aktivität des Sportlers.
In den Ausdauersportarten, gerade auch im Breitensport, greifen Athleten ohne ärztliche Führung zu Schmerzmitteln und Entzündunghemmern, um Training oder Wettkampf durchführen zu können - ein Medikamentenmissbrauch.

 
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