Jugendhockey

 

„Mini-Bundesliga“ und andere Entdeckungen

DM-Nachlese mit den sportlichen Beobachtern der Jugend-Feld-Endrunden

 

24.10.2016 - Sechs verschiedene Vereine holten sich die blauen Siegerwimpel bei den Deutschen Feldmeisterschaften der Jugend. Wie die Endrunden 2016 aus ihrer Sicht verliefen, haben wir die offiziellen Beobachter des Deutschen Hockey-Bundes befragt. Marc Haller (Weibliche Jugend A in Duisburg), Markku Slawyk (Weibliche Jugend B in Bremen), Aditya Pasarakonda (Mädchen A in Krefeld), Matthias Becher (Männliche Jugend A in Mannheim), Akim Bouchouchi (Männliche Jugend B in Mülheim) und Matthew Hetherington (Knaben A in Berlin) standen Rede und Antwort.

 

Weibliche Jugend A: Top-Wochenende für Mülheim

Die Beobachtungsrolle bei der Endrunde der Weiblichen Jugend A in Duisburg teilte sich U21-Bundestrainer Marc Haller mit dem Kölner Christopher Jäkel. Beide waren sich einig, dass mit dem HTC Uhlenhorst Mülheim der verdiente Sieger gefunden wurde. „Die Ergebnisse sprechen Bände“, sagt Haller mit Blick auf ein 4:1 im Halbfinale über UHC Hamburg und das 5:1 im Endspiel gegen Gastgeber Club Raffelberg.
Zumindest am Halbfinaltag sah Haller Mülheim und UHC Hamburg als die zwei stärksten Endrundenteams. „Das war das vorweggenommene Finale“, so der Juniorinnen-Nationalcoach über das erste Halbfinale, das von den Kräfteverhältnissen und dem Spielverlauf „eigentlich eng“ gewesen sei. Aber Mülheim habe mehr Treffer und Akzente setzen können. „Die haben richtig gebrannt auf dieses Wochenende“, schrieb Haller dem späteren Meister den größten Siegeswillen zu.
Mannheimer HC und Club Raffelberg lieferten ebenfalls ein gutes Halbfinale, wobei Hallenmeister MHC ohne seine zwei im Bundesligateam spielenden Leistungsträgerinnen Nobis und Zimmermann gegen den eingespielten Stamm des Zweitligatabellenführer Raffelberg eine 1:2-Niederlage nicht vermeiden konnte.
Im Finale musste dann Vorjahresmeister Raffelberg dem Nachbarn vom HTC Uhlenhorst den Vortritt lassen. „Mülheim besaß das effektivste und stärkste Mittelfeld mit einer Katharina Kiefer, die ein ganz starkes Wochenende hatte“, lobte Marc Haller das Kernstück des neuen Meisters, vergaß aber weitere Pluspunkte nicht: „Mit Emma Boermanns hatten sie eine Stürmerin, die zu jedem Zeitpunkt für ein Tor gut ist. Und auch die Ecken von Maren Kiefer waren stark.“
Haller fand es gut, dass der „Stellenwert der WJA in diesem Jahr hoch“ gewesen sei und so eine „qualitativ gute Endrunde“ herausgekommen wäre. So verzichtete Mülheim auf sämtliche U18-Spielerinnen im Bundesligateam. Auch ohne immerhin sieben Stammkaderspielerinnen siegte Aufsteiger HTCU in der 1. BL. Dass dazu noch die weibliche Jugend B ins DM-Endspiel kam, ließ den Bundestrainer zur Einschätzung kommen: „Ein Top-Wochenende für Mülheim im weiblichen Bereich.“
Auf die Vergabe von individuellen Preisen wurde bei der WJA verzichtet. Die Endrundenschiedsrichter sah Marc Haller „nie in der Diskussion stehen“ und einen guten Job machen. Die regional gesehen „ideale Konstellation“ der Endspielpaarung und des Ausrichterorts habe für tolle Atmosphäre und viele Besucher gesorgt.

Weibliche Jugend B:  Bremens erfolgreiche Titelverteidigung

Als „tolle Werbung für das deutsche Mädchenhockey“ beschrieb Markku Slawyk die Endrunde der Weiblichen Jugend B in Bremen. Sehr gut gefallen hat dem DHB-Beobachter, dass alle vier Endrundenteilnehmer „nach vorne gespielt“ und daher „sehr offensiv“ agiert hätten. Der Unterschied zwischen den beiden Finalisten Bremer HC und Uhlenhorst Mülheim und den im Halbfinale unterlegenen Mannheimer HC und Großflottbeker THGC sei die „größere Breite im Kader“ gewesen.
Das „hochklassige Finale“, so Markku Slawyk, sei das „mit Abstand beste Spiel der Endrunde“ gewesen. Die gut eingestellten Mülheimerinnen übten dort viel Druck auf den Titelverteidiger aus. „Bremen schien mir davon ein wenig überrascht“, so der Eindruck des DHB-Beobachters. Lange sah es für Slawyk nach einem Erfolg für Uhlenhorst aus, das auch 1:0 in Führung ging. „Aber mit dem Publikum im Rücken hat Bremen noch ausgeglichen und war im Penaltyschießen mit Torhüterin Mali Wichmann dann eine Nuance stärker“, beschrieb der Bundestrainer das „Wimpernschlagfinale“ mit dem glücklicheren Ende für den Gastgeber, der die erfolgreiche Titelverteidigung in dieser Altersklasse und insgesamt den vierten DM-Titel seit 2014 im weiblichen Nachwuchs feierte.
Mit Sonderpreisen für die besten Endrundenauftritte zeichnete der DHB-Beobachter Torhüterin Mali Wichmann und die Feldspielerinnen Marie Frerichs, Greta Schabacker (alle BHC), Lynn Neuheuser, Aina Kresken und Fenna Slawyk (alle Mülheim) aus. Ebenfalls überdurchschnittlich hätten Paula Heuser, Lone Bergmann, Henriette Deckert (alle BHC), Luca Scheuten, Katharina Barth (alle UM), Johanna Huse, Ida Köllinger (beide Flottbek), Sophia Löscher und Luzie Nohr (beide MHC) gespielt.
Über 600 Zuschauer, das lokale Fernsehen, tolles Wetter – „viel mehr geht nicht“, lobte Markku Slaywk die Ausrichtung in höchsten Tönen. Auch die Endrundenschiedsrichter trugen ihren Teil mit „guten Leistungen“ bei.

Mädchen A: Hamburger Finale mit Shootout-Entscheidung

Bei den Mädchen A in Krefeld sah U16-Bundestrainer Aditya Pasarakonda ein „insgesamt gutes Endrundenniveau“. Jedes der vier Teams habe seine eigenen Stärken gehabt und zur Geltung gebracht. Dennoch ergaben sich unterm Strich ziemlich ausgeglichene Spiele mit durchweg knappen Ergebnissen. Dass in allen vier Partien wenig Tore gefallen wären, hat nach Pasarakondas Einschätzung viel damit zu tun, dass den Mannschaften nach gutem Spiel bis zur gegnerischen Viertellinie in der heißen Zone oft die letzte Durchschlagskraft gefehlt habe. An Chancen für mehr Tore habe es jedoch nicht gefehlt.
Letztlich hätten mit den beiden Hamburger Teams Großflottbek und UHC die Teams „mit den besten Spielanlagen sich die Finalteilnahme verdient“. Im Endspiel sah der DHB-Beobachter zunächst Flottbek im Vorteil, in der zweiten Halbzeit dann Uhlenhorst. Das 1:1-Unentschieden mit dem Gang ins Shootout war für Pasarakonda „die logische Konsequenz“, mit dem bekannt besseren Ende für Flottbek, das im Landesentscheid noch hinter dem UHC gelegen war. Beim neuen Meister, aber auch beim UHC, fand der Bundestrainer in der „sehr ausgeglichenen Besetzung auf vielen Positionen“ ein besonderes Qualitätsmerkmal.
Beim Crefelder HTC lobte Pasarakonda die ausgeprägte Konterstärke, bei HG Nürnberg als jüngste Endrundenmannschaft, dass die Fränkinnen schon jetzt mit den stärksten Teams mitgehalten habe. Das ließe hoffnungsvoll in die Zukunft blicken. Sonderpreise vergab der Bundestrainer an Torhüterin Eliza Elsner (HGN) und die Feldspielerinnen Sara Strauß (CHTC), Lone Schneider (GTHGC) und Johanna Seelmaeker (UHC). Ebenfalls auffällige Endrundenleistungen hätten Lia Becker, Janne Solcher, Jette Fleschütz (alle GTHGC), Marlene Wieworra (UHC) und Nora Weigand (HGN) gezeigt.
Als „ordentlich“ stufte Pasarakonda die Leistungen der vier Endrundenunparteiischen ein und als „top“ die Ausrichtung des Crefelder HTC. Viele Zuschauer und zahlreiche Eltern, die viel Mühe in die Organisation steckten, sorgten für ein gelungenes Endrundenwochenende.

Männliche Jugend A: Meister dank größter Leidenschaft

Eine „spannende, enge und hart umkämpfte Endrunde“ sah Matthias Becher bei der Männlichen Jugend A in Mannheim. Selbst im Spiel um Platz 3 sei „noch Feuer drin“ gewesen. „Das hat mich gefreut“, sagte der DHB-Beobachter. Auch die „gute Breite an Qualität“ bei den vier Endrundenteams fand Becher gut. Letztlich hätten aber doch die Topspieler „den Unterschied ausgemacht“. Akteure wie der laut Becher „am Wochenende überragende Paul Dösch“ würden das Spiel prägen und in den entscheidenden Momenten die Verantwortung übernehmen. „Die reißen dann auch ihr Team mit.“
Dass sich am Ende der TC Blau-Weiss Berlin verdient durchsetzte, schrieb Matthias Becher auch anderen Faktoren zu: „Sie haben mit Abstand am meisten Leidenschaft reingesteckt, hatten die beste Ecke und besaßen letztlich am meisten Qualität in Breite und Spitze.“ Neben Dösch als „Turm in einem starken Abwehrbollwerk“ (Becher) habe Thies Prinz offensiv die Kohlen aus dem Feuer geholt. „Das war der überragende Mann vorne“, lobte der Nachwuchsbundestrainer den Berliner U18-Europameister.
Finalist Uhlenhorst Mülheim habe „technisch starkes, schönes Hockey“ gezeigt und sich im Halbfinale ohne Führungsspieler Niklas Bosserhoff (spielte am Samstag noch Bundesliga) durchgesetzt. Von den beiden im Halbfinale gescheiterten Mannschaften München und Mannheim habe der MSC „die Niederlage besser wegstecken können“ und mit viel Leidenschaft alles für den dritten Platz gegeben. Der MHC „wollte Meister werden“ und tat sich deshalb etwas schwerer am Sonntag. Das Team des Endrundengastgebers sei, so Becher, „in der Breite stark, in der Spitze eben nicht so wie Finalisten“.
Als beste Akteure zeichnete Matthias Becher die Feldspieler Paul Dösch, Thies Prinz (beide TCBW) und Niklas Bosserhoff (UM) sowie Torwart Benedikt Sohns (UM) aus. „Die Torhüter aller vier Endrundenteams haben auf ähnlich gutem Niveau gespielt“, tat sich der Beobachter bei einer Entscheidung schwer. Viele Zuschauer und lautstarke Fanblöcke sorgten für eine endrundenwürdige Atmosphäre beim Mannheimer HC, der durch „professionelle und herzliche Ausrichtung“ (Becher) geglänzt habe.

Männliche Jugend B: UHC Hamburg am effektivsten

Bei der Endrunde der Männlichen Jugend B in Mülheim ging der Titel nicht an die beiden qualifizierten Vertreter des gastgebenden Westdeutschen Hockey-Verbandes (Uhlenhorst Mülheim und Düsseldorfer HC) und auch nicht an den Vorjahressieger (Berliner HC), sondern an den UHC Hamburg. „Sie waren halt die effektivste Mannschaft und im Zweikampfverhalten, offensiv wie defensiv, am stärksten“, hob DHB-Beobachter Akim Bouchouchi die aus seiner Sicht entscheidenden Vorteile hervor.
Die Zahl der herausgespielten Torchancen in den vier Endrundenspielen stufte der U18-Bundestrainer als „bei allen vier Teams fast gleich hoch“ ein. Drei knappe Spielergebnisse zeugten dann auch für ein ziemlich ausgeglichenes Niveau. „Und auch das 1:6 im ersten Halbfinale war vom Verlauf nicht so klar wie nachher das Ergebnis“, sah Bouchouchi Düsseldorf lange Zeit gegen den späteren Meister ausgeglichen mitspielen.
Gut fand der Beobachter, dass sich „kein Team aufgegeben“ habe und auch aus schwächeren Phasen immer wieder herausfand. Verteidigt hätten alle vier Teilnehmer gut, allerdings sei der Spielfluss oftmals unterbrochen worden. Insgesamt sei bei dieser Endrunde „alles etwas taktischer geprägt“ gewesen und „nicht über die individuelle Klasse entschieden“ worden.
Auch wenn die mannschaftliche Geschlossenheit im Vordergrund stand, so seien einzelne Spieler doch „positiv aufgefallen“. Namentlich zählte Bouchouchi von Mülheim Robert Duckscheer und Jonas Seidemann, vom DHC Fabio Schütze und Masi Pfandt, vom BHC Mika Schleu, Quentin Frenzel und Maximilian Stahl sowie vom neuen Meister UHC Hannes Müller, Leonard Klotz und Frederik Zentner auf. Auf die Verleihung von individuellen Preisen wurde nach Absprache mit dem Ausrichter verzichtet.
Den Schiedsrichtern attestierte der Bundestrainer ein „ordentliches Niveau“. Die wenigen Flüchtigkeitsfehler hätten keine spielentscheidenden Auswirkungen gehabt. Ein besonders Lob gab es von Akim Bouchouchi für das ausgesprochen freundschaftliche Verhältnis aller Beteiligten und den stets fairen Umgang. Als „sehr gelungen“ bezeichnete der Beobachter die „nette und liebevolle Ausrichtung“ des HTC Uhlenhorst.

Knaben A: Verteidigung als Prunkstück und Meistermacher 

Von einem „super Niveau“ sprach Matthew Hetherington über die Endrunde der Knaben A in Berlin. Der DHB-Beobachter war begeistert davon, welch Qualitäten im jüngsten Meisterschaftswettbewerb bereits gezeigt werden. „Das ist ja wie eine Mini-Bundesliga gewesen“, lobte Hetherington das große Repertoire der Mannschaften, die im Ansatz schon über taktische Mittel und individuelles Können verfügten wie die großen Vorbilder. Und für den Briten besonders bemerkenswert war die leistungssportliche Breite bei den vier Endrundenteams: „Da war kein einziger schwacher Spieler auf dem Platz. Das zeugt von wirklich hervorragender Jugendarbeit.“
Dass am Ende der SC Frankfurt 80 vor Rot-Weiss Köln, Gastgeber Berliner HC und dem Club an der Alster die Nase vorne hatte, gab für Hetherington ein korrektes Bild ab: „Die beiden besten Mannschaften waren im Finale. Und Frankfurt hat nach einem frühen und glücklichen Tor seinen Vorsprung super verteidigt.“ Die kaum zu überwindende Innenverteidigung mit Aaron Flatten und Leo Löckle sei das Prunkstück des neuen Meisters gewesen, der dem Hallentitel nun auch im Feld den blauen Wimpel folgen lassen konnte. Bei Frankfurt hob Hetherington zudem noch Magnus Hautzel als herausragenden Akteur hervor. Von Vizemeister Köln hätten neben dem herausragenden Mittelfeldspieler der Endrunde, Luis Höchemer, noch Antheus Barry und Ole Boelke die stärksten Akzente gesetzt. Beim Berliner HC traf dies auf Matteo Poljaric und Vitus Thomas zu.
„Kompliment für eine super Leistung“ sagte Hetherington über die vier Endrundenschiedsrichter. Großes Lob verteilte er auch für eine „schöne Ausrichtung“ des Berliner HC mit vielen Besuchern und enthusiastischen Fanblocks von allen Mannschaften. So hätte im BHC-Stadion eine „super Stimmung“ geherrscht.

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19. April 2024
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