Nationalteams

"Der Begriff 'Mädchen für alles' trifft es irgendwie schon ganz gut!"

Die Teammanager Julia Walter und Jochen Heimpel im Doppel-Interview vor der EM

18.08.2015 - Der Fokus im Vorfeld von großen Turnieren richtet sich immer auf sportliche Themen, auf die Spielerinnen und Spieler, auch auf das, was die Trainer zu sagen haben. Doch ohne die „Macher“ im Hintergrund wäre es kaum möglich, einen reibungslosen Ablauf vor während oder nach einem Turnier wie den bevorstehenden Europameisterschaften in London zu gewährleisten. Die beiden deutschen Teammanager der Damen und Herren, Julia Walter aus Berlin und Jochen Heimpel aus Erlangen, erzählen im Doppel-Interview von ihren Aufgaben, von Antrieb und Zweifel und einiges mehr.

 

Teammanager, das ist ja eine sehr weit greifende Bezeichnung. Wie genau sehen denn eigentlich Eure Aufgaben aus?

Julia Walter: Da trifft wohl der Begriff „Mädchen für alles“ irgendwie zu. Das ist natürlich in erster Linie jede Menge Organisationsarbeit: An- und Abreise, Hotels, auch Abrechungen in Absprache mit der DHB-Geschäftsstelle, der Rahmenplan in Absprache mit dem Bundestrainer, die Kommunikation und das Kontakthalten mit Verantwortlichen vor Ort, mit dem Team, mit Medien, und so weiter. Wir sind praktisch Ansprechpartner für alle und alles. Da darf man sich auch für nichts zu schade sein. Da geht es auch mal ums Wäschewaschen oder Einkaufen. Die Bandbreite ist schon recht groß.

Jochen Heimpel: Natürlich nimmt der administrative Bereich einen großen Teil ein, wobei ich da auf Seiten des DHB mit Carola Meyer gute Unterstützung habe. Wir sind ja aber nicht nur Manager des Teams, sondern Ansprechpartner für sehr viele Bereiche. Der schwierigste Part ist, denke ich, das Abwägen und das Austarieren der verschiedenen Interessen von Spielern, Verband, Organisatoren, Medien etc. Im Umgang mit dem Team sehe ich mich auch als eine Art allein erziehender Papa, der mit seinen Jungs die anstehenden Aufgaben gemeinsam meistern muss.

 

Steht zu befürchten, dass der Aufwand sich nicht unbedingt mit dem Honorar deckt…

Julia Walter: Manchmal bin ich selbst überrascht, wie viel man macht, und was da dann rauskommt. Aber dafür machen wir es ja nicht, das ist sogar eher nebensächlich. Wir arbeiten hier ja alle für große sportliche Ziele, im besten Fall Teil eines Teams zu sein, das bei Olympischen Spielen erfolgreich spielt.

Jochen Heimpel: Das sehe ich ähnlich. Wir machen das und sind mit Fleiß und Geduld dabei, weil eben manchmal große Dinge dabei herauskommen. Das gelingt nicht immer, aber wenn es gelingt, dann sind das unbezahlbare Erlebnisse. Das ist bei den Spielern ja nicht anders. Wir beeinflussen den Erfolg des Teams genau wie die Spieler, eben nur auf einer anderen Ebene.

 

Wie kommt man dazu, sich diese Aufgaben aufzuerlegen? Wie seid ihr da reingerutscht?

Julia Walter: Bei mir hat das schon früh angefangen. Als ich selbst noch U21 gespielt habe, war für mich klar: Das finde ich toll, und das mache ich später auch irgendwann. Dann wurde ich mal gefragt, ob ich nicht als Teammanagerin bei der U16 einspringen könnte, und schließlich bot sich nach Olympia in London die Chance, als Dorle Gassert aufgehört hat, bei den Damen gemeinsam mit Jami zu arbeiten.

Jochen Heimpel: Ich hatte nie vor, das mal zu machen. Ich bin über Funktionen als Jugendtrainer und die Betreuung von Verbandsmannschaften in Bayern dazu gekommen. Und jetzt mache ich das schon seit neun Jahren.

 

Hand aufs Herz: Wie viel Zeit geht für den Job als Teammanager eines Hockey-Nationalteams drauf?

Jochen Heimpel: So etwa 90 bis 100 Tage - also fast ein Drittel des Jahres - sind wir ja schon mit dem Team unterwegs auf Lehrgängen und Turnieren. Für Vor- und Nachbereitung kann man sicher noch mal 100 Tage draufpacken. Das nimmt oft sogar mehr Zeit ein als die eigentliche Aktion.

 

Wie lässt sich das mit Familie, Partnerschaft und Freundeskreis vereinbaren?

Jochen Heimpel: Da ich ledig bin, habe ich es da natürlich ein bisschen leichter, aber im Freundeskreis merkt man es schon deutlich. Das ist aber der Preis, den man eine gewisse Zeit lang bezahlen muss, wenn man Teil dieses Teams sein möchte. Das bestimmt aber auch irgendwann den Punkt, wenn es Zeit ist, aufzuhören. Dieser Punkt, an dem man das alles auf den Prüfstand stellt, kommt immer mal wieder. Und es gibt auch immer mal wieder Phasen, wo man keine Lust hat. Aber dann trifft man das Team, mit dem man über die Jahre so eng zusammengewachsen ist, und dann ist alles wieder gut. So kann man das gefühlsmäßig beschreiben.

Julia Walter: Bei mir ist das ähnlich. Man hat durch die vielen Reisen ja auch kaum Gelegenheit, neue Freunde oder einen Partner kennen zu lernen. Bestehende Freundschaften leiden ehrlich gesagt schon darunter. Es ist nicht leicht, das am Laufen zu halten – eigentlich wie noch zu aktiven Zeiten. Aber diese Priorität habe ich im Moment halt gesetzt. Es gibt aber auch die eine oder andere im Team, die ich als Freundin bezeichne. Es ist eigentlich immer jemand da, der sich auch meine Problemchen mal anhört.

 

Wie eng darf das Verhältnis zwischen Teammanager und Mannschaft sein, beziehungsweise wie groß sollte der Abstand sein?

Jochen Heimpel: Das ist eine Frage des Respekts! Wenn man einen guten Draht zueinander hat und jeder die Arbeit des anderen zu schätzen weiß, dann braucht der Abstand nicht so groß sein. Ist das nicht so, ist er größer. Das passt mal besser, und in manchen Phasen ist man auch mal unzufrieden miteinander. Man kann den Job nicht immer so gut machen, dass jeder zufrieden ist.

 

Was macht so richtig Spaß in dem Job, und was muss man nicht unbedingt immer haben?

Jochen Heimpel: Schwierige Frage! Mit und für das Team zu arbeiten und engen Kontakt mit allen zu pflegen, das ist schon toll und macht Spaß. Nachts in irgendeinem Waschsalon zu sitzen und die Wäsche zu waschen, ist jetzt nicht unbedingt spaßig. Was auch immer anstrengend ist, ist die Nachbearbeitung mit der Abrechung von unzähligen Kleinstbeträgen, die man im Zweifel noch rechtfertigen muss. Wenn wir nach Hause kommen, ausgelaugt sind und eigentlich die Beine hochlegen wollen, dann müssen wir eben noch mal ran. Aber es gibt immer einen Punkt: Wenn das Team aufläuft, ist meine Arbeit erstmal getan. Dann kann ich für mich sagen: Jetzt habe ich ordentlich abgeliefert, jetzt seid ihr dran – und macht es gut…

Julia Walter: Ich finde das schwer zu differenzieren. Der Job als Gesamtpaket macht schon richtig viel Spaß. Ich finde es immer schön, wenn alles funktioniert hat und keiner meckert. Die Orga im Vorfeld ist natürlich viel, aber auch spannend. Das ist jedes Mal ein kleines Event, wie eine Deutsche Meisterschaft, wo man dann steht und sich umschaut, und alles passt. Und übrigens finde ich Wäschewaschen sogar ganz gut, weil man da auch mal ein paar Stunden allein und für sich ist.

 

Worauf freut Ihr Euch jetzt in London besonders?

Julia Walter: Ich bin ohnehin ein großer England-Fan. Deshalb freue ich mich total auf die Stadt. Die Engländer sind mittlerweile auch echt Hockey verrückt. Ich denke, gerade das Duell gegen England wird ein echtes Highlight.

Jochen Heimpel: Da ich schon bei den Olympischen Spielen in London dabei sein durfte, ist es schon spannend, wie sich die Situation im Olympischen Dorf und -park nach den Spielen verändert hat. Sportlich gesehen haben wir eine sehr junge und interessante Mannschaft am Start, und ich bin gespannt, wie wir uns im europäischen Vergleich positionieren werden.

 
29. März 2024
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