Schiedsrichter News

Ist das fair? - Ein Denkanstoß

Oder: Wollen wir wirklich so miteinander umgehen?

 

15.03.2015 - Gaby Schmitz ist selbst langjährige Bundesliga-Schiedsrichterin mit nationaler und internationaler Erfahrung. Zudem ist die Kölnerin als Jugendreferentin des DHB für den Schiedsrichter-Nachwuchs in Deutschland zuständig. Immer wieder kommt es bei und im Nachgang von Jugend-Endrunden zu Konfliktsituationen zwischen ihren Schützlingen und Trainern, Eltern oder Spielern. Vor allem der Umgang in den Sozialen Medien mit diesem Thema hat die 41-Jährige bewogen, in diesem Zusammenhang einen Denkanstoß zu schreiben.

„Als ich über das Eine oder Andere nachgedacht habe, was in den letzten Wochen bei den Jugend-Meisterschaften so passiert ist, fiel mir eine Umfrage ein, die ich vor kurzem gelesen hatte:

 

Die Top Ten der Fairness:

1. Rücksichtnahme 96%

2. Respekt 95%

3. Gerechtigkeit 95%

4. Anständigkeit 93%

5. Beachtung 92% 6.   

(Quelle: www.fairness-baromenter.de)

 

Aus diesem Blickwinkel heraus möchte ich hier einige Gedanken von mir wiedergeben. Das Verhältnis zwischen Schiedsrichtern und Spielern wird sicherlich nie in allen Facetten harmonisch sein. Dafür ist der Zielkonflikt dieser beiden Rollen einfach zu groß. Niemand erwartet, dass eine Mannschaft, die vielleicht auch noch verloren hat, den Schiedsrichter zu seiner Leistung gratuliert. Ich erwarte schließlich keinen emotionslosen Sport und verstehe auch, wenn dort in einem vernünftigen Rahmen Kritik geübt wird.

Wir sollten uns aber schon einmal Gedanken machen, ob dies nicht zu oft eine sehr einseitige Sichtweise bekommt und vor allem in welcher Form so etwas stattfindet! Von den Schiedsrichtern wird erwartet, dass sie immer neutral sind, dass sie Spieler wie Trainer respektvoll behandeln, aber auch, dass sie ruhig und sachlich Spielsituationen beurteilen. Dies gelingt uns sehr häufig, aber ist es nicht auch menschlich, dass es nicht immer gelingt?

Es ist sehr schwierig dies zu 100 Prozent zu erreichen, wenn man das ganze Spiel ohne eine Form der Fairness oder des Respekts von Seiten der Spieler, Trainer, Betreuer ‚bearbeitet‘ wird. Es ist selbst für den Schiedsrichter-Coach schwierig, dies hundertprozentig zu schaffen, da er seine Schiedsrichter ‚schützen‘ möchte. Tut dies der Trainer nicht auch für seine Spieler? Leider regiert viel zu häufig das Motto: ‚Wenn ich glaube, im Recht zu sein, dann ist so gut wie alles erlaubt!‘ Aber wehe, der Gegenüber zeigt, dass er das Verhalten als Mensch nicht mehr aushält!

Dies ist offenbar nicht gewünscht! Ähnliche Tendenzen erkenne ich im Bereich dessen, wie und wo die Kritik geäußert wird. Im Mittelalter hat man die Leute auf den Dorfplatz an den Pranger gestellt, bespuckt und mit Unrat beworfen. Heute stellt man sie auf Facebook bloß, wirft ihnen in aller Öffentlichkeit ihre Fehler vor oder unterstellt gar betrügerische Handlungsweisen. Es gibt keine Chance, sich aktiv solch einer Kampagne zu entziehen, ohne sich verbal selber ‚umzubringen‘.

Ich persönlich wüsste genau, was los wäre, wenn wir Schiedsrichter anfangen würden, die Verfehlungen von Trainern und Spielern auf Facebook öffentlich zu diskutieren. Wird hier nicht mit zweierlei Maß gemessen? Offenbar gibt es Personen in unserer ‚Hockeyfamilie‘, die das Feindbild Schiedsrichter, wie es noch vor fünf Jahren gelebt wurde, doch lieb gewonnen haben. Ich persönlich fände ein kooperatives Miteinander die bessere Idee!

Leider wird es aber trotzdem weiterhin Fehler geben. Wir sind Menschen! Jeder Trainer und auch jeder Spieler macht nun mal Fehler – wir Schiedsrichter auch! Sicherlich sind diese Fehler in Entscheidungsspielen besonders hart für alle Beteiligten und sicherlich müssen Fehler besprochen werden, damit sie im Idealfall nicht noch einmal auftreten. Aber abstellen werden wir sie nicht. Weil wir eben Menschen sind und Fehler machen!

Wenn ich dies anerkenne und wenn ich ebenfalls weiß, dass dies in jedem Sport vorkommt und nichts Hockeyspezifisches ist, und wenn ich weiß, dass diejenigen, die da jede Woche auf dem Platz stehen, reine Amateure sind, und diese Fehler ebenfalls bei den ‚Vorzeige-Schiedsrichterprofis‘ beim Fußball auftreten – muss ich dann eine Kampagne im Internet auslösen und diese Menschen sozial verunglimpfen?  Das ist ein Weg, den ich so nicht gehen würde. Und ich finde es menschlich auch wirklich sehr fragwürdig!  

Nur ein Denkanstoß…

Gaby Schmitz,

Schiedsrichterin und Jugendreferentin Schiedsrichter"

 
28. März 2024
« zurück
» mehr Nachrichten
Link teilen
   
 

» Impressum   » Datenschutz © 2024 • hockey.de