Nationalteams

Die Zuverlässigkeit in Person - Kapitän Max Müller sagt den Honamas Lebewohl

Der Nürnberger will sich auf den neuen Job als Immobilienentwickler konzentrieren

 

14.03.2015 - Max Müller ist alles andere als ein Spätstarter. Der gebürtige Nürnberger war mit 21 Jahren der jüngste Kapitän der deutschen Nationalmannschaft, war ein Jahr zuvor mit 20 bereits erstmals Olympiasieger und mit 26 verheiratet. Dass der passionierte Jäger nun mit gerade mal 27 Jahren das Karriereende in der Nationalmannschaft verkündet, überrascht daher keinen von denen, die ihn gut kennen. Im Gespräch mit hockey.de-Chefredakteur Christoph Plass erklärt der zweifache Goldmedaillengewinner, was ihn zu diesem Schritt bewogen hat.

„Alpha-Gruppe, Müller, hallo!“, ich erwische Max Müller in seinem neuen Job. Er hat sich die Zeit genommen, über seinen Abschied aus dem Nationalteam zu sprechen, wird aber während unseres Gesprächs noch ein-, zweimal vom neuen Leben unterbrochen. „Ich hatte schon immer einen langfristigen Plan“, erklärt Max. „Und den habe ich schon mehrfach verschoben. Olympia 2008 war eigentlich schon gar nicht so richtig eingeplant. Dann habe ich irgendwann gedacht: 2012 in London möchte ich noch mitnehmen. Und dann war es die vergebene WM-Chance 2010, zumal ich mit einer kläglich vergebenen Strafecke Anteil hatte, dass wir Vize-Weltmeister wurden, derentwillen ich beschlossen habe, es 2014 in Den Haag noch einmal zu versuchen!“

Das Comeback bei der letztlich misslungenen WM vor Jahresfrist in Holland war schon ein kleines medizinisches Wunder. Müller hatte sich wegen einer perforierten Achillessehne im Sommer 2013 operieren lassen müssen. Eiserne Disziplin in der Reha brachte ihn wieder zurück – allerdings machte ihm sein Körper da bereits klar, dass jahrelanger Leistungssport seine Spuren hinterlassen hatten. „Ich merke, dass ich viel höheren Aufwand betreiben muss, um auf dem Platz das Tempo gehen zu können, was ich brauche, um mit den Stürmern mitzuhalten“, erzählte er damals.

 

 

Das Angebot war einfach zu gut, um es abzulehnen!

Max Müller hatte bis dahin vieles dem Leistungssport untergeordnet, ohne die berufliche Karriere aus den Augen zu verlieren. Was ihn für den Bundestrainer auf dem Platz so wertvoll machte, der analytische Blick und das Interesse für das Ganze, machten ihn auch im nicht-sportlichen Leben interessant. 2014 wurde er für die CSU für sechs Jahre in den Nürnberger Stadtrat gewählt. Und nun war es ein Immobilienentwickler aus Müllers Heimatstadt, der den Doppel-Olympiasieger das Angebot machte, in seiner Firma als Objektbetreuer einzusteigen. „Es ist eine große Chance für mich, in dieses Business reinzuschnuppern, von ihm zu lernen und gleichzeitig bereits eigenverantwortlich verschiedene Objekte betreuen zu können. Das Angebot war einfach zu gut, um es abzulehnen!“

Müller hatte auch Jobangebote, die eher in sein Studiengebiet der Sportökonomie gepasst hätten, aber ihn reizte diese Aufgabe, zumal er sich im Studium ohnehin bewusst breit aufgestellt habe. An einem Freitag kam das Angebot, am Montag fing Max Müller in der Alpha-Gruppe an. Erster Ansprechpartner, als es darum ging, diesen Entschluss, der damit auch das Ende der letzten Rest-Überlegungen für eine Fortsetzung der Nationalmannschaftskarriere bedeutete, zu kommunizieren, war natürlich Bundestrainer Markus Weise.

 

 

"Großartige Momente, umrahmt von Stunden harter Arbeit!"

Der versuchte gar nicht erst, seinen langjährigen Kapitän umzustimmen. „Max war schon immer ein Mensch mit klaren Prinzipien und wohl durchdachter Lebensplanung“, so Weise. „Wenn er sich dazu entschlossen hatte, im Nationalteam aufzuhören, dann hatte das Hand und Fuß! Und so ganz aus heiterem Himmel kam die Entscheidung ja nun auch nicht.“ Direkt danach teilte der junge Ehemann, der seine langjährige Freundin Annalena im Sommer 2013 direkt nach der Achillessehnen-Operation mit frisch eingegipstem Fuß das Ja-Wort gegeben hatte, die Entscheidung dem neuen Mannschaftsrat der Honamas mit – und erntete auch da volles Verständnis.

Ob er denn nicht doch etwas vermissen werde? Na, klar, antwortet Max, das habe er jetzt gerade gemerkt, als sein Nürnberger Teamkollege Christopher Wesley vom Zentrallehrgang aus Südafrika zurückkam und die netten Anekdoten vom Lehrgang erzählte. „Aber“, und da zeigt sich wieder der Analytiker Müller, „das sind auch nur Momente, umrahmt von Stunden harter Trainingsarbeit. Und auch die großartigen Momente auf dem Platz, was für mich die Schlachten in den dicken Spielen waren, wenn wir es in engen Situationen geschafft haben, das Match noch zu gewinnen – auch das sind rar gesäte Highlights, wenn man es auf die Jahre rechnet, die man investiert.“

 

 

"Dankbar, Teil dieser Mannschaft gewesen zu sein!"

Dennoch werde er das vermissen. Er sei dankbar dafür, Teil dieser Mannschaft gewesen zu sein, die so viele Titel und Medaillen gewonnen hat. Es hätte ja auch passieren können, dass man als guter Spieler in ein Team kommt, das insgesamt nicht das Zeug hat, ganz oben mitzuspielen. Bei Max Müller ist zweifellos beides zusammengekommen. Als „eine Hälfte“ der vielleicht besten Innenverteidigung weltweit – zusammen mit dem Berliner Martin Häner – brachte er jahrelang die Stürmer der Gegner zur Verzweiflung. Nahezu ohne Foulspiel und mit großartigem Stellungsspiel ausgestattet, war Müller in der Defensivzentrale das, was ihn im Leben auszeichnet: Die Zuverlässigkeit in Person.

Und genau diese Zuverlässigkeit hätte der 27-Jährige in Zukunft nicht mehr garantieren können. „Für den Job verlasse ich morgens um 7 Uhr das Haus, gehe nach der Firma direkt zum Bundesliga-Training, bin dann erst um 21.30 Uhr zuhause. Dazu der ehrenamtliche Job als Stadtrat. Ich wüsste einfach nicht, wo ich jetzt noch die sechs bis acht Extra-Einheiten, also zehn bis zwölf Stunden wöchentlich, die man als Nationalspieler leisten muss, um das Niveau zu erreichen, unterbringen sollte.“

 

 

Max Müller ist längst in seinem neuen Leben angekommen

Er werde definitiv die „Jungs“ vermissen, die Freunde im Nationalteam. Dass sein letztes Spiel ein verlorenes Platzierungsspiel bei der WM in Holland war, sei zwar ärgerlich, so Müller, aber das Sprichwort, dass man aufhören solle, wenn es am Schönsten ist, sei für ihn gar nicht unbedingt richtig. „Ich wollte nie von einem Arzt gesagt bekommen, dass es vorbei ist mit Leistungssport, oder noch schlimmer vom Trainer, dass ich jetzt mal besser von selbst aufhören sollte, weil es nicht mehr passt. Ich wollte immer selbstbestimmt aufhören. Und das tue ich. Außerdem hatte ich das Glück, dass ich mein allererstes Länderspiel gewonnen habe, damals in einem Turnier, in dem wir sonst kaum etwas gewonnen haben. Insofern kann ich gut mit diesem letzten Spiel leben!“

Zudem bleibe ja noch die Bundesliga. Diese Saison will Müller für Nürnberg auf jeden Fall noch bis zum Ende spielen. Was dann komme, werde er mit Trainer und Verein besprechen. „Es kommt darauf an, wie dann die Gesamtbelastung ist. Irgendwann werde ich hoffentlich mal Vater sein“, sagt Müller mit einem kleinen Lachen, weil ich ihm zu Gesprächsbeginn bereits ein Kind angedichtet habe, „und dann gibt es wieder neue Komponenten im Leben, auf die ich mich freue und die dann eine Rolle spielen.“

Beim Verabschieden wird deutlich, dass Max Müller längst in seinem neuen Leben angekommen ist. Es ist gerade noch zu hören, dass er sich am anderen Telefon meldet: „Alpha-Gruppe, Müller, hallo!“

 
16. April 2024
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