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Die richtige Entscheidung beim falschen Grün

Was ist zu beachten, wenn ein neuer Kunstrasen geplant wird oder ein in die Tage gekommener Belag erneuert werden muss?

 

09.08.2014 – Irgendwann kommt der Moment: Da wird dann ein weiterer, neuer Kunstrasenplatz errichtet oder der Belag des alten Platzes muss endlich erneuert werden. Da die Beläge über ein Dutzend Jahre halten, sind die Maßnahmen des damaligen Baus heute vielleicht gar nicht mehr aktuell. Fragen nach der besten Bauzeit, nach aktuellen Materialien und den ganzen Kosten wurden damals vielleicht anders beantwortet als heute. Wir haben die gängigen Fragen mit dem DHB-Vizepräsidenten Jugend Wolfgang Hillmann (Foto) besprochen, der weltweit als ausgewiesener Experte in Sachen Kunstrasenplätze gilt, und sorgen hier für mehr Durchblick bei der Kunstrasenplanung.

 

Am Anfang steht eine frühe und solide Planung

Wie bei jedem Bauvorhaben erfordert auch der Sportplatzbau eine rechtzeitige sowie aufmerksame Planung und Bauausführung. Sofern es sich um einen Neubau handelt, steht eine Bodenuntersuchung am Anfang. Sie gibt Auskunft über Verdichtung, Tragfähigkeit, Wasserdurchlässigkeit und Ebenheit des Baugrundes und leitet daraus weitere Maßnahmen ab. Ist der Baugrund abgeklärt, kommt die gebundene Tragschicht darauf. Abhängig von der zukünftigen Nutzung bestehen hier zwei Möglichkeiten: Wo der Belag über den Sport hinaus belastet wird (z. B. wie bei Konzerten im Mönchengladbacher Hockeypark), empfiehlt sich eine Verbindung aus einer dicken Asphaltschicht und einer 15 Millimeter dicken Elastikschicht zur Dämpfung. Wo der Platz nur Sportlern, Bällen und der Witterung ausgesetzt ist, genügt eine günstigere elastische Tragschicht aus Gummigranulat mit Split und Bindemitteln mit 35 Millimeter Dicke. Ist hier die Antwort gefunden, stellt sich die Frage nach dem Baustart. Vor Mai sollte nicht mit dem Baustart gerechnet werden, da möglicher Frost viele Arbeiten unmöglich macht. Außer durch die Hockeynutzung ist der Kunstrasen auch bei Kälte- und Sonneneinwirkung erheblichen Belastungen ausgesetzt. So müssen zum Beispiel die Nähte zusätzlich mit wasserresistentem Kleber gesichert werden. Das Verlegen und Verkleben braucht daher mindestens 10 Tage lang durchgängig Temperaturen über 10 Grad. Wer auf Nummer sicher gehen will, startet daher im Sommer.

Klare Vorgaben und Empfehlungen zu Maßen und Linierungen

Bei der Realisierung eines neuen Platzes muss auch berücksichtigt werden, dass der Deutsche Hockey-Bund klare Vorgaben bezüglich der Maße neuer Kunstrasenplätze macht. Für eine DHB-Freigabe ist die Normgröße von 91,40 Metern Länge und 55 Meter Breite verbindlich. Darüber hinaus ist entsprechender Auslauf vorgeschrieben. Drei Meter oberflächengleicher Kunstrasen und zwei Meter höhengleiche, z. B. gepflasterte Fläche hinter den Grundlinien und drei bzw. ein Meter entsprechender Fläche hinter den Seitenlinien sind das geforderte Optimum. Minimal wären zwei Meter Kunstrasen und ein Meter weiterer Auslauf an den Torauslinien und zweimal ein Meter an den Seiten erlaubt. Wer aber einmal Weltmeisterschaften oder ähnliche Veranstaltungen auf seiner Anlage ausrichten möchte, kann nur die Optimalbedingungen zum Ziel haben.

Zudem existieren beim DHB Empfehlungen für weitere Linierungen neben der Hauptspielfeldmarkierung: vier Kleinfeldschusskreise und ein Dreiviertelschusskreis sollten Standard sein. Bei Parallelnutzung mit z. B. Fußball erhalten der Hauptnutzer die weißen und der Nebennutzer die gelben Linien zugeteilt, weitere Zusatzlinierungen sind blau und rot (z. B. in der Kombinationsnutzung mit Lacrosse). Die Linierungen sind wichtig, bevor der Kunstrasen in Auftrag gegeben wird. Denn während kurze und gebogene Linien nachträglich in den Belag eingebracht und von oben genäht bzw. verklebt werden, werden die geraden Linien schon in der Produktion mit eingetuftet.

Auch ein Kunstrasen braucht seine Zeit zum Wachsen

Ein komplett neuer Kunstrasen, bei dem Mutterboden abgetragen und der Untergrund befestigt werden muss, braucht ab dem ersten Spatenstich bis zur Eröffnung sechs bis zehn Wochen. Das reine Austauschen des Belags, wenn also z. B. die Beregner nicht umgebaut werden müssen, ist in drei Wochen erledigt. Allerdings kann auch hier das Wetter einen Strich durch die Rechnung machen, wenn der Sommer ähnlich verregnet ist wie in diesem Jahr, zwei Wochen Puffer sollten hier also schon eingeplant werden.

Für welchen Kunstrasen entscheide ich mich und wer baut den neuen Kunstrasen überhaupt?

Der internationale Hockeyverband FIH führt auf seiner Internetseite unter der Rubrik „Pitches“ die Kunstrasenhersteller auf, die vom Weltverband zertifizierte Produkte anbieten. Zwar sind alle dort gelisteten Hersteller auf dem deutschen Markt aktiv, aber klammert man die asiatischen und amerikanischen Produzenten aus, bleibt eine Handvoll europäischer Unternehmen. Durch ihre Nähe und Erfahrung auf dem europäischen Parkett bieten sie gleichzeitig auch gute Beratung, die bereits in die erste Bauplanung mit einbezogen werden kann.

In der Regel bieten die Unternehmen mehrere Kunstrasenprodukte, bei denen man aufgrund des mehrschichtigen Aufbaus zu Recht von Sportbodensystemen spricht, für unterschiedliche Anforderungen an. Diese haben sich im Laufe der Jahre von Nylon-basierten Rasen zu Belegen aus Polypropylen (PP) bzw. Polyethylen (PE) entwickelt. Während die PP-Böden härter und bürstenartiger und dadurch langlebiger und stabiler als die Nylon-Varianten sind, sind PE-Beläge weicher. Infrarotreflektierende Pigmente, in den Belag ergänzt, können zudem bewirken, dass sich die Temperatur auf dem Belag reduziert und die Plätze somit weniger intensiv gewässert werden müssen.

Bei der Auswahl der Faserlänge, also der einzelnen Halme, entscheidet die Platznutzung. Wird der Kunstrasen ausschließlich für Hockey verwendet werden, reichen Halme von elf Millimeter Länge. Nutzen auch Fußballer den Platz, sollten es eher 14 Millimeter sein.

Was kostet ein neuer Kunstrasen und gibt es Fördermöglichkeiten?

Wird ein gänzlich neuer Kunstrasen geplant, sollte man das Ziel verfolgen, einen Unterbau zu wählen, der drei, vier Oberbelagssanierungen aushält, ohne dass die Dämpfungsschicht erneuern werden muss. Da lohnt sich die Investition von 200.000 bis 250.000 Euro in einen langlebigen Unterbau. Denn wenn der Unterboden erst wellig wird oder an einzelnen Stellen absackt, muss weit mehr Geld in die Hand genommen werden. Im Anschluss werden dann für den Oberbelag Kosten in Höhe von rund 200.000 Euro fällig. Entsteht der Platz neu, müssen auch noch Pflasterflächen, eine funktionierende Beregnung, Flutlicht und Ballfangzäune berücksichtigt werden. Die Gesamtkosten für den Bau belaufen sich dann auf 450.000 bis 520.000 Euro. Gibt es bereits eine funktionierende Drainage, falls sich auf dem geplanten Areal bereits eine Sportfläche befand, können diese Kosten auch noch sinken.

Die Anschaffung eines Flutlichts ist allemal eine Überlegung wert, wenn der Platz intensiv genutzt werden soll: Dann steht der Kunstrasen auch im Winter für Athletiktraining oder Elternhockey zur Verfügung. Zudem wird Flutlicht aktuell, wo die Jugendlichen später aus den Schulen auf den Platz kommen und sich dadurch auch die Erwachsenen-Trainingszeiten nach hinten in den späten Abend verschieben. Bei der Beregnung ist die Frage nach dem Warum schnell beantwortet, denn sie ist bei Vollkunstrasen verpflichtend. Während früher Regner auf dem Platz, versenkt im Mittelpunkt oder an den Schusskreisen, durchaus Einfluss auf den Spielfluss nahmen und bei Defekten zudem den Platz blockierten, liegen sie nun außerhalb der Spielflächen. Inzwischen sind auch vermehrt Beregner auf Stelzen zu finden, deren Kanonen dann auf zwei Meter Höhe Wasser über das Grün verteilen.

Verschiedene Töpfe bei der Förderung 

So richten sich die absoluten Kosten danach, ob der Platz vollständig neu gebaut werden muss oder nur der Austausch des Kunstrasens (Oberbelagssanierung) notwendig ist. Bei der Finanzierung nicht unberücksichtigt bleiben sollten Fördermöglichkeiten. Es gibt diese Mittel sowohl für Neubaumaßnahmen als auch für Modernisierungen, wie den Umbau von Rasen- oder Grandplätzen und Oberbelagserneuerungen. Allerdings ist dieses Thema differenziert zu betrachten, denn Sportstättenförderung ist Ländersache. Förderrichtlinien sind aber im Internet zugänglich und sollten mit Blick auf mögliche Fristen sehr früh in die Finanzplanung einbezogen werden. Zudem können auch Städte und Kommunen über Fördermittel zur Pflege und Aufrechterhaltung von Sportstätten verfügen. Eine dreiteilige Finanzierung aus Landes-, Kommunal- und Eigenmitteln ist unter den richtigen Voraussetzungen absolut realistisch. Im Idealfall können hier gar zwei Drittel der Gesamtkosten über Fördergelder finanziert werden. Dazu sollten potenzielle Bauherren auch immer ein Auge auf temporäre Investitionsprogramme haben, die auch den Sportstättenbau betreffen.

Bei der Kalkulation der benötigten Finanzen müssen auch die laufenden Kosten berücksichtigt werden, die bei entsprechender Pflege der Anlage auch deren Lebensdauer erhöhen. Diese liegt bei normaler Nutzung, wenn also der Platz vormittags durch gelegentliche Schulnutzung und danach bis in den Abend acht bis neun Stunden Hockey in Gebrauch ist, bei 12 bis 15 Jahre. Natürlich sind Beläge weniger langlebig, die 15 Stunden täglich und über das ganze Jahr hinweg genutzt werden.

Nur richtige Pflege verspricht langlebige Kunstrasennutzung

Diese Lebensdauer setzt aber die richtige Pflege voraus, welche wiederum von verschiedenen Faktoren abhängt. Die wichtigste Pflege ist das regelmäßige Abblasen des Platzes. Schmutz, der in den Flor versinkt, weil er im Spielbetrieb zerkleinert wird, trägt zur Algenbildung bei. Mit häufigem Ablasen ist also schon sehr viel getan.

Zudem sollte eine Kehrsaugmaschine (12.000 bis 13.000 Euro) angeschafft werden, die je nach Platzbeschaffenheit und Baumbestand in der direkten Umgebung des Platzes ein- bis zweimal wöchentlich über den Platz gefahren wird. Eine solche Maschine hat eine ähnliche Lebensdauer wie der Kunstrasenbelag.

Darüber hinaus sollte jedes Frühjahr eine zusätzliche Intensivnassreinigung durchgeführt werden, bei der weiterer Dreck mit Druck aus dem Flor gespült wird. Die Kosten für diese Reinigung liegen bei 3.000 bis 6.000 Euro im Jahr – in Abhängigkeit vom Baumbestand um den Platz herum. Hinzu kommt noch die Algenprophylaxe. Dafür können Dosierautomaten an die Beregnung angeschlossen werden, die in entsprechender Häufigkeit, meist nachts, aktiv sind.

Letztlich sind die Folgekosten auch eine Frage der Verhandlung mit dem Dienstleister: Wartungsverträge über längere Zeiträume sind natürlich günstiger, kurzfristige Verabredungen eher teurer.

Wer erklärt meinen Kunstrasen für hockey-tauglich?

Geht es dann um die Abnahme eines neuen Kunstrasen im Hinblick auf die Hockeytauglichkeit, so ist Wolfgang Hillmann beim Deutschen Hockey-Bund als Vertreter der Technischen Kommission der richtige Ansprechpartner. Er weiß auch Bescheid, wenn es um die Normen geht, die im Bezug auf alle Komponenten des Sportbodensystems Kunstrasen und für die Installation des Flutlichts Anwendung finden.
Zudem ist Hillmann in einem weiteren Punkt hilfreich: dort, wo Hockey- und Fußballvereine bei der geplanten Doppelnutzung verschiedene Meinungen bezüglich des Belags haben. Fußballer möchten gerne Sand-Gummi-Granulat gefüllte Kunstrasen sehen, die aber nicht hockey-tauglich sind. Dort empfiehlt der DHB 14-Millimeter-Vollkunststoffrasen, der zum einen deutlich weniger Pflege erfordert und zudem in den kalten Monaten auch von Schnee befreit werden kann. Gute Beispiele für solche gelungen Kooperationen hat der DHB im gesamten Bundesgebiet zur Hand.

 

 

 
29. März 2024
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