Jugendhockey

West-Dominanz und ein Bremer Ausrufezeichen

Eindrücke der Sportbeobachter von den sechs Feld-DM-Endrunden der Jugend

 

Die Mädchen A des Bremer HC schrieben mit ihrem Titelgewinn ein Stück Geschichte.

 

27.10.2014 - Wie sahen und beurteilten die offiziellen Sportbeobachter des Deutschen Hockey-Bundes die sechs Endrunden der Deutschen Feldmeisterschaft 2014? Auf hockey.de äußern sich die im Einsatz befindlichen Nachwuchs-Bundestrainer Aditya Pasarakonda (bei der Weiblichen Jugend A), Markku Slawyk (WJB), Jan Henseler (MA), Valentin Altenburg (MJA), André Henning (MJB) und Matthias Becher (KA) zu ihren Eindrücken.

 

Insgesamt hat es in diesem Jahr eine bemerkenswerte sportliche Dominanz des Westdeutschen Hockey-Verbandes mit vier von sechs DM-Titeln gegeben. "Sieben der insgesamt zwölf männlichen Endrundenteams aus dem Westen und drei DM-Finalspiele mit reiner Westbeteiligung sind ein beeindruckender Beleg für gute Jugendarbeit", so Valentin Altenburg, Chef-Nachwuchs-Bundestrainer für den männlichen Bereich. "Es ist klasse, dass nach immerhin 18 Jahren wieder eine Krefelder Mannschaft in einem Jugendendspiel stand, und ich gratuliere den Verantwortlichen von Düsseldorf und Mülheim, in allen Altersklassen so erfolgreich zu sein." Und auch einen Blick auf die weibliche Seite hatte Altenburg: "Dass mit dem Bremer HC bei den Mädchen A eine Jugendmannschaft eines Nicht-Bundesliga-Clubs Deutscher Meister wird, ist eine großartige Sache für die Hockeystadt Bremen! Hier hat Martin Schultze sensationelle Arbeit geleistet."

Weibliche Jugend A: DHC-Spielerinnen im Herbst der Superlative

Bundesliga-Tabellenführer als Aufsteiger, und jetzt auch noch Deutscher Feldmeister der Weiblichen Jugend A. Die Düsseldorfer Spielerinnen der Jahrgänge 1996 und 97 erleben einen Herbst der Superlative. Auf eigener Anlage gewann der DHC den blauen Wimpel, der Jubel beim Team und den vielen Fans war entsprechend groß.
„Düsseldorf hat sich in einem über weite Strecke relativ ausgeglichenen Endspiel dank seiner starken Einzelspielerinnen und dem Mehr an Torchancen verdient durchgesetzt“, fand Aditya Pasarakonda. Der U16-Bundestrainer war als offizieller Spielbeobachter im Einsatz. Finalgegner Mannheimer HC, der „über die Teamleistung überzeugte“ (Pasarakonda), musste nach einem 0:2-Rückstand mehr riskieren und fing sich dann noch zwei Konter ein. Am Ende hieß es 4:1 für Düsseldorf.
Schon im Halbfinale landete der DHC nach einem starken Start einen glatten 4:0-Erfolg, wobei sich Gegner TuS Obermenzing lange sehr ordentlich gegen den Favoriten zur Wehr setzte. „Die haben das mit ihrem jungen Team gut gemacht“, lobte Pasarakonda die Münchnerinnen, die als einziges Team der Endrunde keine Spielerinnen in ihren Reihen hatten, die bereits über Bundesligaerfahrung in der 1. oder 2. Liga verfügen. „Das hat Obermenzing im Verbund gut kompensiert“, fand der DHB-Beobachter, auch nach dem 1:3 verlorenen Platzierungsspiel gegen Uhlenhorst Mülheim.
Das spannendste Spiel der Endrunde war das erste Halbfinale zwischen Mannheim und Mülheim. Nachdem Uhlenhorst die ersten 40 Minuten dominierte, kam der MHC in der zweiten Hälfte immer besser auf und verdiente sich den 1:1-Ausgleich. Auch in der Verlängerung sah Pasarakonda ein leichtes Plus an Chancen bei den Süddeutschen, die dann auch im Siebenmeterschießen mit 10:9 das bessere Ende für sich hatten.
Auf die Auszeichnung einzelner Spielerinnen wurde verzichtet. Aditya Pasarakonda sah die Endrundenschiedsrichter „ohne großen Schnitzer“ agieren, die beiden Finalunparteiischen Sabrina Seeger und Julius Heinlein seien vom hohen Tempo des Endspiels richtig gefordert gewesen.

Weibliche Jugend B: Viel Spannung beim UHC-Heimsieg

Nicht nur offizieller DHB-Beobachter, sondern am Ende auch „mächtig stolzer Papa“ (Eigenbeschreibung) war Markku Slawyk bei der Endrunde der Weiblichen Jugend B in Hamburg. Der U18-Bundestrainer sah seine Tochter Fenna im siegreichen UHC-Team mitwirken. „Und für eine der jüngsten im Turnier hatte sie genauso wie Yani Zhong vom UHC und Carlotta Sippel von Alster bereits hohe Spielanteile“, sah Slawyk die drei Spielerinnen des Jahrgangs 2001 im Konzert der Jahrgänge 1998 und 99 erstaunlich gut mitwirken.
Obwohl der Bundestrainer „spielerisch schon stärkere WJB-Endrunden“ gesehen hat, war die aktuelle DM durchaus reizvoll, lebte sie doch vor allem von großer Spannung. So ging das erste Halbfinale zwischen Mülheim und Alster (2:1 für Uhlenhorst) ebenso in die Verlängerung wie das Finale zwischen Mülheim und dem UHC. Dort reichte dann auch keine Extrazeit, um den Sieger zu ermittelt, es musste nach 1:1 ein Siebenmeterschießen her, bei dem die Gastgeberinnen mit 4:2 die glücklicheren waren. „Mülheim war die spielstärkste Mannschaft der Endrunde, konnte aus seinem vielen Ballbesitz aber nur selten zwingende Tormöglichkeiten machen“, beobachtete Slawyk. Der UHC habe als Team den geschlossensten Eindruck gemacht und mit „hoher Einsatz- und Leidensbereitschaft geglänzt“. Beim Club an der Alster gefielen dem Bundestrainer die „starken Pressingphasen“, allerdings habe das Team in der zweiten Halbzeit des Halbfinals sein hohes Niveau nicht mehr halten können. Als „körperlich sehr präsent“ bezeichnete Markku Slawyk die Vertretung des Hanauer THC. Allerdings sei diese Mannschaft „spielerisch am unterlegensten“ gewesen und hatte auch nicht die Breite im Kader, um den anderen drei Endrundenteam das Wasser reichen zu können, wie die letztlich klaren Resultate (1:4 im Halbfinale gegen UHC, 0:6 im Platzierungsspiel gegen Alster) zeigten.
In eine imaginäre Turnierauswahl als stärkste Spielerinnen ihrer Positionen berief der Bundestrainer Torhüterin Tamina Stölken (UHC), Verteidigerin Marisa Martin Pelegrina (Mülheim), im Mittelfeld Nina Steikowsky (UHC) und Stürmerin Carolin Hoffmann (Mülheim). Gute Endrundenleistungen hätten, so Slawyk, auch Nicola Pluta, Ann-Christin Lehmann, Emily Kerner, Emily Matthes, Katharina Kiefer, Emily Günther, Majlis Buhmann und Anna Simon gezeigt.
Die Schiedsrichterleistungen bezeichnet der Bundestrainer als gut, es wurden „keine spielentscheidenden Fehler gemacht“. Eine große Kulisse, engagierte Fanblöcke aller vier Teams und eine herzliche Organisation des UHC bildeten nach Einschätzung von Markku Slaywk „einen perfekter Rahmen für eine stimmungsvolle Veranstaltung“.

Mädchen A: Doppelte Premiere für Bremen

Doppelte Premiere in Mülheim. Der Bremer HC feierte seinen ersten deutschen Meistertitel, und für den Bremer Hockey-Verband war es die erste Feldmeisterschaft der Verbandsgeschichte. Der Erfolg des BHC fiel bei der Endrunde der Mädchen A in Mülheim erstaunlich klar aus. Im Halbfinale gewann das Team von Trainer-Routinier Martin Schultze 6:2 gegen Gladbach, im Endspiel dann 4:1 gegen den Rüsselsheimer RK. „Die Ergebnisse gingen selbst in dieser Höhe in Ordnung. Bremen war die absolut beste Mannschaft dieser Endrunde“, meinte Jan Henseler. Der DHB-Beobachter sah die drei hinter dem BHC liegenden Teams auf Augenhöhe. „Da hätten die Platzierungen auch anders ausfallen können“, so Henseler.
Etwas unter Wert geschlagen bezeichnete der Bonner Zweitligatrainer Gastgeber HTC Uhlenhorst. „Mülheim hatte eigentlich die beste Grundstruktur in der Spielanlage. Aber sie haben sich vorne nicht dafür belohnt“, so der Co-Trainer der weiblichen U18-Auswahl über das Mülheimer 1:2 im Halbfinale gegen Rüsselsheim. Das Spiel um Platz 3 sei dann „richtig ausgefightet worden“, wie Jan Henseler das ins Siuebenmeterschießen gehende Westdeull zwischen Mülheim und Gladbach einstufte.
Insgesamt sah der DHB-Beobachter, dass alle Teams, bei denen viele Mädchen ihre erste DM-Endrunde bestritten, ihre am ersten Tag noch vorhandene Nervosität am zweiten Tag ablegen konnten. Henseler: „Der Sonntag war bei allen besser.“ Ebenso stufte der Beobachter auch die Leistungen der Schiedsrichter ein, mit einem Prädikat „sehr gut“ für die Finalleistung von Michael Lorenz und Jana Pacyna.
Die größte Stärke des neuen Meisters? „Bremen hatte für alles einen Plan, sie waren bei Ecken und Freischlägen die stärksten, machten es auch in der Verteidigung und beim Pressing sehr geschickt“, lobte Jan Henseler die Arbeit von Trainer Martin Schultze.
Als beste Spielerinnen wurden Paula Schmidt (RRK) als Torhüterin, Emily Schmedes (BHC) in der Abwehr, Lynn Neuheuser (Mülheim) im Mittelfeld und Greta Schabacker (BHC) im Angriff ausgezeichnet, einen Sonderpreis als beste Jungspielerin erhielt Paulina Heinz (RRK; Jahrgang 2001). Die vielen Fans der Teams trugen zusammen mit einer erfahrenen Ausrichterleistung des HTC Uhlenhorst zu einer gelungenen Endrundenveranstaltung bei.

Männliche Jugend A: Der Bundestrainer zieht den Hut vor Spielern und Schiedsrichtern

Valentin Altenburgs Beobachtung der MJA-Endrunde beim Crefelder HTC: "Ich ziehe den Hut vor allen Jungs! Dieses Hin- und Hergerissensein zwischen Herrenteams und Jugend ist großer Mist. Das müssen wir ändern! Großes Kompliment an alle Trainer und Betreuer, dass es trotzdem gelungen ist, vier sehr motivierte Mannschaften auf den Platz zu schicken!
Bei einer sehr jungen Zehlendorfer Mannschaft haben gute Ansätze von Jojo Große und Thies Prinz nicht ausgereicht, die anderen Teams bedrohen zu können. Der Düsseldorfer HC hat sich mannschaftlich sehr geschlossen und kämpferisch stark präsentiert und hatte mit Kilian Potthoff einen ganz starken Rückhalt. Mit Krefeld und Mülheim waren die beiden stärksten Mannschaften im Endspiel. Das Finale war auch das beste Spiel an diesem Wochenende, indem Max Werner, Max Godau und Timm Herzbruch den Unterschied zugunsten des HTCU gemacht haben. Außerdem haben mir Malte Hellwig (Mülheim) und Tom Schneider (CHTC) gut gefallen. Da drängen richtig gute Jungs in die Bundesliga-Teams nach. Das gilt vor allem auch für die vier starken Schiedsrichter. Das hat richtig Freude gemacht, den vier Jungs zuzugucken. Sie haben zu jederzeit alles unter Kontrolle gehabt und sind ebenfalls geschlossen als Team aufgetreten. Absolute Top-Leistung!"
Als beste Spieler der Endrunde wurden Kilian Potthoff (TW; DHC) sowie Max Werner, Max Godau und Timm Herzbruch (alle Uhlenhorst) auserwählt.

Männliche Jugend B: hochklassiges und spannendes Finale

Den Höhepunkt einer richtig guten DM-Endrunde der männlichen Jugend B in Mannheim machte ein hochklassiges und spannendes Finale zwischen den beiden Top-Teams aus Düsseldorf und Mülheim. Erst ein Golden Goal in der Verlängerung zum 4:3 bescherte Uhlenhorst den Titel.
U18-Bundestrainer André Henning nominierte daher nicht überraschend auch die vier Topspieler dieser Endrunde aus den beiden Finalteams: Torwart Philipp Spönemann und Raphael Hartkopf vom DHC sowie Jan Schiffer und Niklas Bosserhoff vom HTCU.
Desweiteren konnten Linus Müller, Ben Kramer (beide DHC), Max Ochs (Mülheim) und Tim Seagon (MHC) überzeugen. Ein Extralob erhielten die beiden Finalschiedsrichter Thomas Hinsken und Lorenz Fernkorn für eine "herausragend gute Leistung, die ich mir in der Bundesliga wünschen würde", so Henning.
BW Berlin konnte nach einem starken Halbfinale im Spiel um Platz 3 nicht mehr an die Leistung des Vortages anknüpfen, so dass eine geschlossen auftretende Mannheimer Mannschaft den Sieg verdient klar machen konnte.

Knaben A: Überragender Meister dank technisch hohem Niveau

Die Meisterschaft der Knaben A bei HG Nürnberg hat mit Uhlenhorst Mülheim einen überragenden Deutschen Meister gefunden. U16-Bundestrainer Matthias Becher betonte das insgesamt hohe technische Niveau in der Mülheimer Mannschaft, in der Max Dickel, Robert Duckscheer und Eric Schifferings sowohl im Halbfinale gegen den Berliner HC (6:1) als auch im Endspiel gegen Düsseldorf (8:2) immer wieder den Unterschied machten.
Düsseldorf gelang es im Endspiel, nach einem tollen Halbfinal-Sieg über Gastgeber Nürnberg (5:2), nur phasenweise an die Leistung im Halbfinale anzuknüpfen. Matthias Becher sah ebenfalls ein niveauvolles und engagiertes Spiel um Platz 3, indem der Gastgeber am Ende auch verdient und angeführt von einem starken Justus Weigand den 2:1-Sieg klar machen konnte. Auch wenn im Spiel um Platz 3 beim Berliner HC die Luft ein bisschen raus war, freute sich der Bundestrainer, dass auch beim BHC "spannende Talente" zu beobachten waren.
Die Schiedsrichterleistungen der Endrunde waren laut Becher "vollkommen okay".

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16. April 2024
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